Eiskalte Biber

Hedwig R. aus K. nimmt verwundert zur Kenntnis, dass man nach dem Wolf nun auch den Biber abschiessen darf, falls dieser – beispielsweise – Menschen bedroht. Ihre Frage: «Wie muss man sich eine lebensbedrohliche Begegnung zwischen Biber und Mensch denn vorstellen (lebensbedrohlich für den Menschen)?»

Hedwig R. mimt die Unwissende. Wie Begegnungen mit blutrünstigen Bibern ablaufen können, ist längst klar. Der Biber nagt – beispielsweise – auf einem Uferweg den Schienbeinknochen eines Spaziergängers durch; eines Spaziergängers, der im Begriff war, der Versäuberung seines Pitbullterriers beizuwohnen. Einbeinig geworden kippt der Spaziergänger, dessen etwas fremdartige Kopfbedeckung uns übrigens auffällt, seitlich-drehend um – und stürzt direkt ins fletschende Gebiss des aus dem Unterholz schiessenden, biberverbündeten Wolfes. Die Gewaltorgie nimmt primär deshalb ihren Lauf, weil der Spaziergänger in unserem Anschauungsbeispiel die ihm drohende Gefahr nicht rechtzeitig erkennt. Er identifiziert das pelzige Tier zwar korrekt als Biber, denkt sich aber bloss – passend zum Soundtrack aus seinem In-Ear-Kopfhörer – «What do we have here? Just’n Biber!»

Obwohl hier also ein gewisses Selbstverschulden seitens des Opfers vorliegt, können und dürfen Bundesrat und Behörde nicht tatenlos zusehen, wie vermeintlich putzige Nager ihre Zähne in die Krone der Schöpfung hauen. Allerdings ist der Staat ursächlich mitverantwortlich für die Misere. Im geltenden Gesetzeswerk steht leider nicht, dass je nachdem sogar geschützte Wildtiere abgeschossen, liquidiert,

erlegt oder exekutiert werden dürfen (Gewünschtes ankreuzen). Der Staat als Fachinstanz für blutleere und euphemistische Sprache spricht stattdessen – den Abschussknall unhörbar machend – von «regulieren». Aber mit Verlaub: Weder Wolf noch Aggro-Biber werden vorsichtiger und menschenscheuer, wenn ihnen statt mit der Exekution mit einer Regulierung gedroht wird.

Spricht man – beispielsweise – Biber aufs «Regulieren» an, dann leisten sie gerne einen Beitrag: Sie regulieren mit ihren Bauten Wasserstand und Strömungsverhalten von Flüssen, regulieren die Uferflora, regulieren Lebensräume für Fisch und Frosch. Und Biber, die regelmässig an Waden statt an Weiden nagen, sind auch recht offen für eine optimierende Regulierung ihrer Dentalpflege. Oder ihres Menüplans.

Postskriptum Nr. 1: Was ist eigentlich mit dem Kampfhund, dem Pitbullterrier, der im zweiten Textabsatz unserer heutigen Belehrung so unverständlich blass blieb? Nun, er verbiss sich in die Biberfellmütze, die dem Spaziergänger im Zuge seines Sturzes vom Kopf purzelte. Der Terrier fand dieses Ding schon immer sehr provozierend.

Postskriptum Nr. 2: Warum ist der Biber nur in der Schweiz derart gefährlich? Das hat mit schweizerischem Modebewusstsein zu tun. Denn: Wenn eine tannigi Hose hett u hagebuechig Strümpf, dann – ri-ra-ridiri! – rümpft der Biber sicher nie die Nase, sondern macht sich einfach ans Werk. Und raspelt.

 

Askforce Nr. 1163,
27. Januar 2025