«Pickelhart, rutschig und sackgefährlich»

Am Abend des 21. November 2024 fällt viel Schnee. Der Verkehr in Bern endet im Chaos. Zwei Tage später klappt Frau Eliane S. ihren Laptop auf und beginnt zu schreiben. «Warum werden in Bern die Strassen und Trottoirs nach intensivem Schneefall schwarzgeräumt und schwarzgesalzen?», fragt sie die Askforce.

Worauf sie sprachgewaltig die Folgen dieser «stümperhaften Behandlung» darlegt: Der «Dreckspflotsch» und die Feuchtigkeitsschicht gefrieren über Nacht. Am Morgen ist das Trottoir spiegelglatt; die Pflotschhaufen an den Strassenrändern sind «pickelhart, rutschig und für querende Fussgänger sackgefährlich».

Frau S. weiss, wie man es richtig macht. «Ich bin in den Bergen aufgewachsen», schreibt sie. «Dort hat man den Schnee festgefahren, festgepflügt, festgetreten und dann Kies drauf verteilt. Das Resultat war eine griffige, nicht glitschige, wenig rutschige und damit ziemlich sichere Unterlage für Autos und Fussgänger.» 

Schliesslich fragt sie: «Warum schauen sich die offenbar etwas unbedarften Stadtbehörden nicht bei den erfahrenen Berglern ab, wie mit dem wundersamen Weiss am besten umgegangen wird?»

Liebe Frau S., Sie kennen so viele Begriffe für den optimalen Zustand einer Schneeunterlage – griffig, nicht glitschig, wenig rutschig –, dass Sie uns an Smilla Jaspersen erinnern, die Hauptfigur im Roman «Fräulein Smillas Gespür für Schnee». Und doch müssen wir Ihnen pickelhart widersprechen.

Denn die Städter wissen sehr wohl, wie man mit Schnee umgeht. Gerade in Bern. Bis Ende Jahr war nämlich Marieke Kruit Tiefbaudirektorin – und damit oberste Schneeräumerin. Sie ist, wie Sie, Frau S., in den Bergen aufgewachsen. In Turbach, einem Dörfchen hinter Gstaad. So gesehen mag es widersprüchlich erscheinen, wenn in Bern nach intensivem Schneefall das wundersame Weiss nicht berglermässig festgefahren, festgepflügt und festgetreten wird. Doch wir glauben zu wissen, warum: Frau Kruit hat irgendwann gemerkt, dass es in der Stadt Tramschienen gibt.

Der Ruf aus den Bergen, Bern brauche kein Fischermättelitram, wird vor diesem Hintergrund plötzlich verständlich. Aber Stadtmenschen fühlen vermutlich wie alle anderen Menschen auch: Es geht ihnen grausam auf die Nerven, immer hören zu müssen, was sie alles besser machen könnten – inklusive Sprengung der Reitschule. 

Was sicher auch umgekehrt gilt: So, wie die Städter nicht hören wollen, wie man Schnee zusammenstösst, wollen die Bergler nicht hören, wie man verdichtet baut.

Vielleicht wird die neue Stadtpräsidentin, die in beiden Welten daheim ist, diese festgefahrenen Positionen etwas aufweichen können. Sie würde in die Geschichte des Kantons Bern eingehen – als «Fräulein Marieke mit dem wundersamen Gespür für Stadt und Land».

Askforce Nr. 1164,
3. Februar 2025