Christian J. in U. ruft uns verzweifelt zu: «Bitte helfen Sie mir!» Da können wir nicht wegschauen. Was aber quält den Mann? Das Drama beginnt harmlos. Christian J. sichtet in einer Grossverteiler-Postille ein Rezept für Haselnussstängeli, für die es «Weissmehl, gemahlen» brauche. Christian J. findet in den Regalen zwar diverse Mehle, aber «trotz intensiver Suche» kein Mehl mit der Aufschrift «Weissmehl, gemahlen». Christian ist seither in Panik: «Muss ich nun wirklich auf meine heiss geliebten Nussstängeli verzichten?»

Nein, das müssen Sie nicht! Am besten, Sie backen mit hundsgewöhnlichem Mehl – denn Mehl ist bekanntlich immer gemahlen – eine doppelte Portion Nussstängeli, setzen sich hin und überlegen sich beim Verzehr, ob Sie a) einfach gerne Lebenskrisen erfinden oder b) an einer Pleonasmusallergie leiden.

Pleonasmen! Ja, all das «Weisser Schimmel»-Zeugs! Zu dieser Form von Sprachüberfluss könnten wir hier in der Tat über die vorprogrammierten* Folgen von doppelt gemoppelten Floskeln à la «Mehl, gemahlen» reden, könnten Zukunftsprognosen** zum Sprachzerfall entwickeln und schlussendlich*** stillschweigend**** nachdenken, ob Christians dringender Notfall***** nicht doch eine seltene Ausnahmeerscheinung******* ist.


* Sorry, programmieren genügt, denn «pro» heisst ja schon «vor».
** Sorry, Prognose genügt, denn Prognosen betreffen immer die Zukunft.
*** Sorry, schliesslich oder endlich genügen, denn ein Schluss ist immer ein Ende.
**** Sorry, still genügt, denn still setzt schweigend voraus.
***** Sorry, Notfall genügt, denn ein Notfall ist per se dringend.
****** Sorry, Ausnahmeerscheinung genügt, denn Ausnahmen sind per se selten.

Sie sehen: Unsere Sprache ist voller Plunder à la «Mehl, gemahlen». In voradventlicher Milde wollen wir aber die darunter Leidenden nicht pathologisieren, sondern schlagen vor: Lassen Sie Offenheit gegenüber Mehlen aller Art – gemahlenen und mehligen – zu, öffnen Sie Ihr Inneres für den Wohlklang überflussreicher Sprache. Denn: Gerade im Hinblick auf die Güeziverzehrszeit klingt «Mehl, gemahlen» einfach sinnlicher als das brutal secce «Mehl. Punkt. Fertig.».

Askforce Nr. 881,
26. November 2018