Knifflig, knifflig. Herr R. A. aus O. schildert uns ein Problem, auf das er kürzlich im «Bund» gestossen ist – wieder einmal. Vor einiger Zeit las er da, der Strompreis in der Gemeinde Brusio sei zwei- bis dreimal billiger als in Bern. Schon öfters habe er bei solchen Anpreisungen herauszufinden versucht, wie teuer ein Produkt schliesslich sei, wenn es um einen bestimmten Faktor verbilligt werde, schreibt er. Gemäss seiner Einschätzung müsste der Stromproduzent den Verbrauchern in Brusio ungefähr das Doppelte der Kosten vergüten, die in Bern zu entrichten sind. «Können Sie helfen», fragt Herr A.

Gegebenenfalls würde er gern den Stromlieferanten wechseln – oder sein mathematisches Verständnis anpassen.

Wir haben verstanden, was Sie meinen, Herr A. Und wir staunen: Es liegt hier in der Tat ein Problem vor, das man nur mit Nichtnachdenken richtig lösen kann. Wir wissen das, weil wir Tests durchgeführt haben – und zwar direkt am Menschen (aus ethischen Gründen wollten wir Paviane beiziehen, aber im Moment sind alle ausgebucht). Das Ergebnis ist trotzdem eindeutig: Sämtliche Versuchspersonen haben den Ausgangspreis einfach durch drei geteilt und kamen so zum Ergebnis, das im Zeitungsartikel gemeint war.

Offenbar war bei ihnen der gesunde Menschenverstand am Werk, der bekanntlich in der Lage ist, die krummsten Dinge geradezubiegen. Aber in der Mathematik läuft er gern auf Grund. Denn was hiesse es, wenn der Strompreis in Brusio bloss einmal billiger wäre? Man könnte sagen, er wäre dann gleich hoch wie in Bern (Multiplikation mit 1) oder bereits bei null, wie es Herr A. annimmt. Aber irgendwann rutscht er ins Minus.

Und plötzlich ist man nahe bei der uralten Frage, warum minus mal minus plus ergibt – und beginnt zu erahnen, dass den Minus-Zahlen zu Unrecht ein negativer Ruf vorauseilt. Denn überlegt man sich die Sache genauer, begreift man, dass die Minus-Zahlen eigentlich bloss die etwas düster geschminkten Kolleginnen der positiven Zahlen sind. Gerade wenn man Politik und Mathematik verbindet, wird das rasch ersichtlich: Würde man den weniger gut betuchten Menschen ihre Strom- oder Krankenkassenrechnungen (Schulden = minus) vergünstigen (reduzieren = minus), wäre das für sie bestimmt nicht schlecht.

Askforce Nr. 883,
10. Dezember 2018