«Seit Jahren bemühe ich mich vorab aus partnerschaftspflegerischen Über­legungen immer wieder ganz ernsthaft, mich für den Fussballsport zu interessieren. Bislang ist mir dessen Faszination aber verborgen geblieben», schreibt Frau S. S. aus Z.
Sie könne einfach nicht nachvollziehen, was daran so spannend sein soll, dass Menschen, die auf sie sonst einen ganz vernünftigen und besonnenen Eindruck machten, vor dem Fernseher plötzlich wild gestikulierend Satzfragmente von sich gäben. Sie habe wiederholt versucht, der Ursache solch eigenartigen Verhaltens auf die Spur zu kommen – erfolglos. Die Askforce sei ihre letzte Hoffnung: «Wenn jemand Licht in dieses Mysterium bringen kann, dann sie.»

Die Zeilen von Frau S. haben die Askforce gespalten. Der eine Teil des Gremiums konnte darin keine echte Frage erkennen, sondern fasste sie als subtile Kritik an leidenschaftsbetontem Freizeitverhalten und aktiver Harmonie im Wohnzimmer-kollektiv auf. Der andere Teil fühlte sich von Ihnen, Frau S., dermassen ganz-heitlich verstanden, dass er Sie sofort zur Gründungs­präsidentin der Selbst-erfahrungsgruppe «Im Abseits» ernennen wollte.

Unser Supervisor erklärte sich schliesslich bereit, uns mit einer durch und durch schiedsrichterlichen Antwort zu unterstützen. Also: Es gibt Dinge, die sich weder erklären noch verstehen lassen. Auf kulinarischer Ebene gehört dazu die Vorliebe für Schwartenmagen mit Mayonnaise, Sauerkraut und Pommes Frites, auf musikalischer die Begeisterung für gerappte 60er-Jahre-Schnulzen mit Orgel- und Dudelsackbegleitung. Im sportlichen Bereich sind es halt eben die zwei Mal 45 Minuten, in denen sich zwei Mal elf erwachsene Männer um einen Ball balgen. Jedem das Seine, meint unser Supervisor. Grämen Sie sich bloss nicht, weil das Ihre nicht das runde Leder ist, Frau S., Sie befinden sich in allerbester Gesellschaft. In unserer nämlich. Der Rest der Askforce hat sich grad auf den Fussballplatz verabschiedet.

Askforce Nr. 125
11. Juni 2003