In der High Society

Das Askforce-Kollektiv sieht sich manchmal als gütige Eltern, die ihren Kindern das nötige intellektuelle Rüstzeug beschaffen, um ein Leben in Würde führen zu können. Dabei müssen wir manchmal etwas mit dem Zaunpfahl winken, um ihnen in jeglichen Facetten des Daseins zur Seite stehen zu können.

So haben wir Ihnen, liebe Leser:innen, Anfang Juli in Aussicht gestellt, Tricks zu verraten, durch die Sie zur schillernden Lichtgestalt gesellschaftlicher Anlässe wie Gartenpartys oder Staatsempfänge werden. Weil wir aber nicht direkt danach gefragt wurden, blieben diese geheim.

Das ändert sich heute. Fräulein Zoccoli hat die formale Notwendigkeit auf sich genommen, die Frage offiziell einzureichen. Als kleine Aufwärmübung können Sie deshalb probieren, sich von jeglicher Liebenswürdigkeit und Nächstenliebe zu befreien. Wir befinden uns schliesslich nicht an der Weihnachtsfeier der Heilsarmee, sondern rücken nun in die gefühlstaube Welt der High Society vor.

Wie also behauptet man sich in der Domäne der Reichen und Mächtigen? Simpel: Seien Sie maximal soziopathisch. Werden Sie beim Sektempfang nach Ihrem Beruf gefragt, dann unterstreichen Sie Ihre ungeheure Wichtigkeit auf dem Weltmarkt, bleiben Sie gleichzeitig aber sehr vage. Beispiel: «Die Geschäfte könnten kaum besser laufen. Besonders, weil die Einigung mit der Lateinamerikanischen Handels-kammer endlich erreicht wurde. Nächste Woche werde ich in Mexiko City erwartet.»

Verteilen Sie Komplimente, die gleichzeitig aber auch Erniedrigungen sind. Weil die meisten Menschen gleichermassen eitel wie auch unsicher sind, wird das in Ihrem Gegenüber das Bedürfnis auslösen, Ihre Gunst zu erwerben. Beispiele für beleidigende Komplimente: «Ich wünschte, ich verfügte über Ihren Mut, ein solches Kleid zu tragen.» Oder: «Es ehrt Sie, diesen Posten schon so lange zu bekleiden. Leute, die Loyalität über eine vernünftige Karriere stellen, werden immer seltener.»

Nun zum schwierigsten Manöver. Probieren Sie, sich eine menschliche Note zu verpassen. Verzaubern Sie die Anwesenden mit Ihrem mysteriösen Charme, indem Sie von einem dunklen Geheimnis aus Ihrer Kindheit erzählen, das Sie zu dieser schillernden Person geformt hat, die Sie heute sind. Auch hier gilt: Bleiben Sie vage. Beispiel: «Seine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit unserer Strasse. Ich wusste nicht, wer er war, spürte aber, dass von nun an alles anders sein würde. Aber ich konnte nicht ahnen, zu welchem Preis.» Starren Sie darauf mit leerem Blick in den Raum, bis Sie jemanden erkennen, der Ihre Gesellschaft mehr verdient hat als die Person, mit der Sie gerade reden.

Wiederholen Sie diese Tipps, bis Sie die wichtigste Person im Raum sind.

Askforce Nr. 1150                        
28. Oktober 2024