Die Mangellage

«Ich kenne die Rückenlage, Bauchlage, Seitenlage und die Steisslage. Nun wird mir aber andauernd eingetrichtert, wirklich wesentlich sei die Mangellage. Wie muss ich mir diese vorstellen?» – Lieber Tom Z. aus dem Berner Oberland, wir beantworten Ihre Frage nur sehr ungern, denn die Askforce veröffentlicht grundsätzlich keine Gewaltdarstellungen. Wir bitten Sie also, die folgenden Ausführungen als rein wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu betrachten.

Zunächst führt uns der Begriff Mangel zurück in die dunkle Zeit der Kinderarbeit, Frauenausbeutung und Foltertechnik. Da begegnen wir der ordinären Mangel, einer simplen mechanischen Apparatur mit zwei hölzernen Rollen, mit der in stickigen Wäschereien Wasser aus nassen Textilien gepresst wurde. Wehe, die Wäscherin zog nicht rechtzeitig die Finger zurück! Wie gerne hätte sie sich da am Boden gewälzt, wenn das die in der Mangel verweilenden Finger zugelassen hätten!

Das Grundprinzip dieser zivilen Anwendung, auspressen und zerquetschen, bewährte sich auch in der mittelalterlichen Foltertechnik tausendfach. Das mögen bitte jene bedenken, die noch heute vorschlagen, dieser oder jene sei ein bisschen in die Mangel zu nehmen: Das ist ein gewaltverherrlichender Vorschlag.

Richtigerweise mutmasst Fragesteller Tom Z., die Mangellage sei heute primär als eine Art unerklärliche Körperhaltung zu begreifen – in Ergänzung zur Rücken-, Bauch-, Seiten- und Steisslage. Er liegt da intuitiv richtig. Die Automatisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung führt nämlich dazu, dass «in die Mangel nehmen» heute kontaktlos erfolgt. Droht die Täterschaft etwa mit der Strommangel, nimmt das Opfer sofort die Mangellage ein: verkrümmt sich embryonal, wird widerstandslos und macht – wie im Folterwesen üblich – am Schluss Aussagen, die einem ungemangelt nicht einmal in den Sinn kämen.

Eine typische Mangellage-Aussage nach kontaktloser Mangel-Folter, wie wir sie heutzutage protokollieren können: «Doch, klar, auch ich setze jetzt all meine Hoffnungen auf neue AKW, denn neue AKW sind günstig, produzieren keinen radioaktiven Müll und fussen auf einer strahlenden Technologieerfahrung, die bisher völlig frei von Zwischenfällen geblieben ist – ausgenommen von den bloss behaupteten Havarien in Los Alamos, Kytschym, Sellafield, Simi Valley, Lucens (CH), Belojarsk, Three Mile Island, Tschernobyl (1982), Tschernobyl (1986), Tōkaimura, Fukushima et al. – undsoweiterundsofort. Danke, danke, danke!»

Merke: Die Mangellage ist eine dringend zu vermeidende Körperhaltung, denn sie führt gerne zu einem kognitiven Blackout. Weil die Askforce im Kern eine Ratgeberrubrik ist, darf hier der nutzwertige Alltagstipp nicht fehlen: Bei ersten Anzeichen einer Strommangel ziehen Sie am besten den Stecker. Es bestehen dann gute Heilungschancen.

Askforce Nr. 1154
25. November 2024