Die Frage von Martin Z. aus Niederscherli hat es in sich. Stünde sie in einem Lifestyle-Magazin, hätte sie das Potenzial, potenzielle Leser und Leserinnen, welche dieses gerade auf einem Coiffeurstuhl zu Gesicht bekämen, die Haare gratis zu Berge stehen zu lassen. Ohne Haarspray und für immer. Nicht so die askforceeigenen Expertinnen und Experten des Ressorts «Lebensfragen für Normalsterbliche und Unsterbliche». Martin Z. schreibt nämlich: «Hallo, ich hätte da eine Frage: Weshalb sind viele Menschen so erpicht darauf, irgendwelche Idole (Federer, Queen) anzuhimmeln?» Und er schiebt gleich eine mögliche Antwort nach: «Welchen Nutzen bringt es ihnen? Ist es der Wunsch, auch mal so berühmt zu werden, oder nur Ablenkung von der Routine des Alltags?»

Martin Z. bekommt also weder dann feuchte Augen, wenn die Queen in stunden­langem Zeremoniell zu Grabe getragen wird, noch dann, wenn es Federer nach seinem letzten Match vor Rührung schüttelt und er nach der Hand des ebenfalls in Tränen aufgelösten Rivalen und Freundes Rafael Nadal greift, während Ellie Goulding «Still Falling For You» singt. Zur Frage, warum wir andere anhimmeln, kann Ihnen die Askforce eine differenzierte Antwort liefern.

Anhimmeln: Das machen Menschen als emotional ausgebildete Wesen mit jenen, die sie buchstäblich an den Himmel halten beziehungsweise für Wesen aus dem Himmel halten. Ausser Gott und die Engel, die dem Vernehmen nach tatsächlich im Himmel wohnen und himmelweit entfernt sind von Normalsterblichen, ist es also streng genommen absolut läppisch, jemanden hienieden anzuhimmeln.

Tennisstar Federer sollte man besser einfach respektieren, bewundern oder aller­höchstens verehren – für sein Talent, Tennis zu spielen etwa, oder die Art, wie er einen Rollkragenpulli trägt. Im Falle der Queen sieht es etwas anders aus. Sie kommt immerhin von Gottes Gnaden. Elizabeth II. anzuhimmeln, ist erlaubt, wenn Sie eingefleischter, unverbesserlicher Royalist sind und es beispielsweise auch rührend finden, dass die Königin bei einer Reise durch das Commonwealth acht Tonnen Reisegepäck aufs Schiff laden liess.

Läppisch ist das Anhimmeln trotzdem – auch in diesem Fall. Denn, und hier ergänzen wir Martin Z., das Drama um ein Idol entspringt dem Wunsch, eine Person zu lieben, wie wir sie gerne hätten, und uns darin zu bestätigen und zu verlieren. Die Queen hat zeitlebens kein Interview gegeben. Weil wir keine ihrer Meinungen kennen, kann sie auch nicht gegen die unsrige verstossen haben. Und weil Federer nie aneckte, muss er einer von uns gewesen sein. Genauso sympathisch wie Sie! Bleiben Sie also tapfer ob so viel Rührseligkeit. Und stellen Sie – am besten der Askforce – lieber ein paar Fragen!

Askforce Nr. 1043,
24. Oktober. 2022