Nur wer gefordert wird, wird auch gefördert. Und nur wer gefördert wird, kommt zu Kräften und wird gesund. Und nur wer gesund ist, kann auf Ärzte verzichten.

Diese längst bekannte Weisheit scheint Herr Guido M. aus Hinterkappelen offenbar völlig unbekannt zu sein. Deshalb wohl, so vermuten wir stark, muss er öfter mal den Arzt aufsuchen. Aber der Reihe nach. Herr M. fragt die Askforce, warum er bei Ärzten immer sehr pünktlich erscheinen müsse, um

… einerseits nicht die vorwurfsvollen Blicke und Bemerkungen der Arzthelferin zu gewärtigen

… und andererseits immer eine halbe Stunde und mehr warten zu müssen,

… bis er drankomme.

Die Askforce hat sich erlaubt, Herrn M.s Frage didaktisch in obige drei Haupt­punkte aufzugliedern. Denn – unser Frager sieht das ganz richtig – mindestens drei Mal wird hier in der Schweiz jeder Patient durch den Arzt gefordert: Dann, wenn er oder sie pünktlich zu erscheinen hat, dann, wenn er oder sie eine halbe Stunde über den Termin hinaus warten muss, und schliesslich – man beachte Herrn M.s Wortwahl – wenn er oder sie «drankommt».

Ja, ja, man kommt schon dran beim Arzt, oh ja! Spritzen, Schnitte, Punktionen, Spiegelungen, Kontrastmittel. Mit diesen und vielen weiteren Forderungen fördern die Ärzte ihre Patienten, lassen sie gesund werden, nicht nur am Körper, sondern auch im Geiste, der gestählt aus jedem Praxisbesuch hervorgeht.

Obwohl dies alles ganz im Interesse der Patienten läge und Prämien sparen hülfe – indem es den Markt der selbstlosen Ärzte verkleinerte –, sträubt sich das Patientengut leider gegen das Gefordert- und Gefördertwerden. Schlaumeier wie Sie, Herr M., glauben, sich wenigstens die erste Herausforderung, pünktlich sein zu müssen, ersparen zu können. Also kommen sie locker mal zu spät. In diesem Augenblick lancieren die Ärzte jedoch fürsorglich eine allerdings harmlose Ersatz­massnahme: den bösen Blick der Arzthelferin.

Askforce Nr. 110,
26. Februar 2003