Chlöisel, dr Füürlöscher
Gwüss doch, auch in Mundart verfasste Fragen beantwortet die Askforce gerne. Beat «Bidu» G. aus Ittigen zum Beispiel sinniert in bhäbigem Berndeutsch über eine Aussage von Bundesrat Beat Jans: «Är bhouptet, e Schutzchlousle syg ä Füürlöscher ar Wang – oder so ähnlech. Mi tüecht das nöimedüre fautsch. Aber wägewerum?»
Die Askforce deutet die Zweifel des hier fragenden Beat wie folgt: Er wurde in einem gänzlich säkularen Schulzimmer sozialisiert; er reagiert wohl deshalb reflexartig und ablehnend auf religiöse und quasireligiöse Accessoires an Wänden («sappermänt, das ghört da nid ane!»); er zeigt diese Aversion nicht nur bei Kruzifixen in Schulzimmern und bei General-Guisan-Porträts in Amtsstuben, sondern nun auch bei Feuerlöschern im Kontext von «Schutzchlousle».
Dank seiner Reaktion wird evident, dass auch der fyyrgiggelrooti «Feuerlöscher an der Wand» von Beat Jans als quasireligiöses Artefakt zu gelten hat – mit der «Schutzchlousle» als dazugehörigem Glaubenscredo, ein Credo, das freilich viele nicht teilen. So weit, so unproblematisch.
Unschön ist die Angelegenheit wegen der schludrigen Eindeutschung mundartlicher Begriffe. Da wird Wortsinn zerstört. Beim Begriff Feuerlöscher ist soweit alles okay. Aber die «Schutzchlousle» war für ein halbes Jahrtausend keine sie, sondern ein er. Und er hörte auf den Rufnamen Klaus, respektive – je nach Talschaft oder Hausnummer – Chlous, Chlöis, Chlöisi, Chlöisel und als Diminutiv auch Chlöisli oder gar Chlöisle. Und er, dessen Persona als Niklaus von der Flüe (1417–1487) fichiert wurde, ist der akzeptierteste Schutzpatron der Nation, eben ein veritabler Schutzklaus oder «Schutzchlöisel». Und: Von der Flüe steht für Klause, nicht für Klausel.
Das macht nun klar, warum die gedankliche Zusammenführung von Feuerlöscher und Schutzklaus irritieren muss: weil sie eine Kränkung ist. Sie wertet das Schaffen unseres Schutzchlöisels, der 1947 von Papst Pius XII. heiliggesprochen wurde, ab. Feuerlöscher löschen, wenn wir den Stift ziehen und dann den Hebel runterdrücken. Schutzklaus von der Flüe aber löschte Feuer, indem er nachdachte und nach viel Askese Geheimnisvolles sagte wie: «Pfleget nicht vorsätzliche Kriegeslust.» Und: «Mischt euch nicht in fremde Händel ein.» Und: «Machet den Zaun nicht zu weit.»
Dies wissend, wird das Dilemma von Beat Jans fassbar. Jans sucht für Händel mit der Fremde – mit der EU – eine starke, schützende Hand, zweifelt aber am Nutzen des verfügbaren Schutzpatrons, denn dieser wirft nur Fragen auf. Was meint er mit Zaun? Und was erst meint er mit «nicht zu weit»? Einen besonders engmaschigen Zaun? Will er nicht, dass die Schweiz über den Zaun frisst? – Sollte aus dem langen, ergebnislosen Wälzen solcher Fragen ein Schweizer Brauch werden, kann man diesen ja ebenfalls gleich «Schutzchlöisle» nennen.
Askforce Nr. 1191,
21. Juli 2025