Sahara-Nachreinigung

Die Sonne war verschleiert; der Himmel ambergelb; der Frühlingsschnee zimt- und curryfarben. An Ostern 2024 wurde die Schweiz mit 180’000 Tonnen Saharastaub beglückt. Meteorologen erzählten ergriffen und wortreich von der gewaltigen Menge an mineralischer Masse, die da herabrieselte und das Land österlich bunt einfärbte.

Mathilda M. aus dem Schwarzenburgischen sah derweil ihre eben erst geputzten Fenster eintrüben und formulierte ihre praxisnahe Frage, die sie schliesslich bei der Askforce deponierte: «Wer ist eigentlich für die Reinigung zuständig, wenn so viel Staub ins Land eindringt?» Sie weiss aus Erfahrung: Staub landet früher oder später in der eigenen Stube. Theoretisch reicht die österliche Wolke aus, um jeden Quadratmeter Wohnfläche der Schweiz mit 400 Gramm Sahara zu bestäuben. 

Bliebe das Land staubfrei und somit sauberer, wenn die Grenzen dichter wären? Wir unterstellen Mathilda M. diese Denkweise zwar nicht, müssen aber das Thema Migration trotzdem anschneiden. Wenn nämlich ein kleines, unbeflecktes Saharastäubchen in den Alpen erdwärts schwebt, dann fühlt es sich in gewisser Weise zuhause ankommend. Es ahnt, wie afrikanisch das Matterhorn ist, und versucht sich zu erinnern, wie es war, als die afrikanische Kontinentalplatte keilförmig in die eurasische donnerte. Das Stäubchen könnte schliesslich schlussfolgernd sinnieren: Lag der Boden, auf den ich da falle, vor einiger Zeit nicht dort, woher ich komme? 

Wenn sich für ein herabrieselndes Staubkörnchen ein natürliches, erdgeschichtlich begründbares Bleiberecht herleiten liesse, dann wäre das 1.) ein migrationspolitisch folgenreiches Signal und 2.) der Auftakt zur heiklen Debatte über die Frage, was denn «heimatlicher Boden» in etwas grösseren Zeiträumen gedacht überhaupt noch sein kann. Deshalb, Mathilda, gilt in der Schweiz das Sandgeheimnis. Die Frage der Nachreinigung in Sachen Sahara wird dezidiert verschwiegen. 

Der Saharastaub trifft also ein, regt auf – und wird dann diskret unter den Teppich gekehrt. Letzteres ist angesichts der enormen Tonnagen eine gewaltige Aufgabe. Zu viele dürfen nicht involviert sein. Sonst ist die Putzaktion nicht mehr diskret. Zu viele kommen für den Job gar nicht erst in Frage. Denn die Mission ist sauteuer. Allein für die benötigten Staubsaugerfiltertüten müsste der putzende Titan – auch ganz diskret – 14 Millionen Franken aufbringen können. Optimistisch geschätzt! 

Es ist geheim und muss deshalb unter uns bleiben: Ein einziger Putzexperte im Lande erfüllt das Profil und verfügt gerade über genügend Bares. Sergio Ermotti. Chef der Grossbank UBS. Sein Gehalt von 14,4 Millionen fürs Jahr 2023 erscheint angesichts der Staubfrage in ganz neuem Licht. Ermotti ist vermutlich gar nicht der grosse Abzocker, bloss der grosse Abstauber. Und erfolgreich! Oder jammert heute noch jemand über die österliche Staubwolke?

Askforce Nr. 1123
22. April 2024