Twinten im Jenseits

«Angenommen, es gibt ein Leben nach dem Tod: Kann man dort auch mit Twint bezahlen?», fragt Daniel K. aus Bern. Eine Frage, die ein neues Feld erschliesst: die postmortale Vorsorge.

Wir kümmern uns um die Planung des nächsten Wochenendes, buchen Monate im Voraus die Sommerferien und rackern Jahrzehnte für die Altersvorsorge. Das Leben nach dem Tod, eine mutmasslich länger dauernde Phase, gehen wir mit Beten und Hoffen an – ein eher esoterischer, um nicht zu sagen leichtsinniger Zugriff. Nicht so Herr K. aus Bern: Er stellt die praktischen Fragen – und dafür gebührt ihm eine fachgerechte Antwort.

Lieber Herr K., angenommen, es gibt ein Leben nach dem Tod, wäre es zweifellos praktisch, weiterhin den Zahlungsverkehr über Twint abwickeln zu können. Denn wer sagt uns, dass im Jenseits alles gratis sei? Ist Gott Sozialist? Seine Kirchen lassen nicht darauf schliessen. Die Harfen-Miete? Twinte ich gleich! Gesangsunterricht – ja klar, wird per Twint beglichen Und den Apfel der Erkenntnis aus dem Hofladen: Der QR-Code unter der Aufschrift «Gott sieht alles!» lädt freundlich zur Zahlung ein!

Damit das alles reibungslos funktioniert, sind schon zu Lebzeiten ein paar Vorkehrungen zu treffen. Die wichtigste: Ein Handy mit Empfang. So empfiehlt es sich, mit einem Bündel Prepaid-Karten vorzusorgen. Man macht das am besten gleichzeitig mit dem Ausfüllen einer Patientenverfügung.

Beim Handy selbst empfehlen wir ein robustes Modell. Damit dieses auf dem Weg ins Jenseits nicht verloren geht, raten wir der Hitze wegen von der Kremation ab. Die Erdbestattung bietet viel mehr Mitnahmemöglichkeiten. Wobei unbedingt daran zu denken ist, rechtzeitig von der Fingerprint- oder Gesichts-Identifikation auf den guten alten Zahlencode zu wechseln. Tippen kann man auch mit Knochen.

Blicken wir nun ins Jenseits. Was erwartet uns: ein 4G- oder ein 5G-Netz oder wenigstens ein passables WLAN, wie wir das etwa aus dem Keller des ONO in Bern kennen? Und besonders wichtig: Werden Roaminggebühren anfallen?

Sie, werter Herr K., verorten das Jenseits diffus «dort». Sie liegen höchstwahr­schein­lich falsch. Wir vermuten das Jenseits vielmehr hier als dort. Darauf deutet das Angebot der Swisscom: Sie verkauft Datenpakete fürs Roaming in allen Ländern dieser Erde, nicht aber fürs Jenseits, das Nirwana und auch nicht für die ewigen Jagdgründe. Wir sind uns doch einig, lieber Herr K.: Wäre fürs Twinten im Jenseits der Rückgriff auf ein fremdes Handynetz notwendig, liesse sich die Swisscom dieses Geschäft auf keinen Fall entgehen. Man denke nur an die grosse, täglich wachsende Zahl potenzieller Kunden!

 

Askforce Nr. 1124
29. April 2024