Übermorgen wird im Stadttheater Bern das Ballett «Schwanensee» aufgeführt. Das beunruhigt die von uns hoch geschätzte Leserin Cordula B. aus B. wie Bern: «Ist die Aufführung angesichts der Geflügelpest nicht etwas pietätlos?»

Wir gehen wohlwollenderweise davon aus, dass das Stadttheater nicht verantwortlich ist für den Ausbruch der Vogelgrippe. Es gibt keinen Hinweis, dass die Seuche ein geschickt inszeniertes Promoting-Event ist. Das Theater tut nur, was die Politik von ihm verlangt, und richtet sich mit «Schwanensee» viel stärker aufs momentane Publikumsinteresse aus.

Schwäne spielten bei der Verbreitung der Vogelgrippe bislang eine tragende Rolle. Gleichzeitig schuf erst die überdimensionierte Diskussion über die Tierseuche das nötige Bewusstsein für die unverkrampfte Annäherung an «Schwanensee» und die damit verbundene Sicherheitsfrage. Generell kann davon ausgegangen werden, dass keine unmittelbare Ansteckungsgefahr zwischen den Schwänen auf der Bühne und dem Publikum besteht, vorausgesetzt, das Publikum vermeidet engen und direkten Kontakt mit den Schwänen und deren Körperausscheidungen.

Für diesen Zweck wurde über die Jahre eine ausgeklügelte gesellschaftliche Sicherheitsschleuse entwickelt: Das Theater spricht mit seinem elitären Charakter eher gehobene soziale Schichten an, und diese verfügen dank ihrer besseren Lebenssituation über gestärkte geistige Abwehrkräfte. Zudem ist es in diesen Schichten nicht üblich, die Bühne zu stürmen, um engeren Körperkontakt mit den grazilen Schwänen zu suchen. Solches geschieht höchstens rein gedanklich.

Das Stadttheater verfügt mit dem Foyer zudem über eine etablierte Präventionsabteilung. Dort werden während der Pause unter anderem diverse chininhaltige Bittergetränke ausgeschenkt. Chinin, C20H24N2O2, wirkt gegen grippalen Infekt. Angesichts dieses Sicherheitsdispositivs erachtet die Askforce den Besuch des Balletts «Schwanensee» als grundsätzlich unbedenklich.

Askforce Nr. 258,
27. Februar 2006