Die echt starke Frage legte uns Frau Theres T. erst im Nachsatz ihrer netten Zuschrift vor: «PS. was Spricht eigentlch gegen fremde Trichter?» Obwohl nicht durchgehend orthografisch korrekt formuliert, erkannte die Askforce die Tragweite der Frage sofort: Hier geht es um Grundsätzliches. Trichter dienen ja in Haushalt, Industrie und Medizin zum verschüttungsfreien Befüllen diverser Hohlkörper. Ist von Trichtern im übertragenen Sinn die Rede, können sie auch zum Befüllen von Hohlköpfen dienen. Nach sorgfältiger Prüfung aller relevanter Eintrichterungsvorgänge kommt die Askforce zum Schluss: Eigene Trichter sind definitiv besser. Die Askforce kann beim besten Willen nicht erkennen, worin der Nutzen liegen soll, wenn – beispielsweise in einem Sirupabfüllbetrieb – fremde statt eigene Trichter verwendet werden. Mindestens aus lebensmittelhygienischen Gründen ist in diesem Fall von fremden Trichtern sogar dringend abzuraten. Mit freundlichen Grüssen, Ihre Askforce

Leserinnen und Leser, die mit dem Niveau der Askforce vertraut sind, erkennen hier sofort: Das ist eine solide, aber nicht herausragende Antwort. Man ist geneigt zu denken: Eine Askforce in Hochform gäbe sich da noch nicht zufrieden.

Genauso sieht es auch die Askforce selbst. Sie hat vor der Freigabe ihres Wissens über die Korrelation zwischen Trichtern und Hohlkörpern die Frage von Theres T. noch mal genauer untersucht und festgestellt: Die Dame kann nicht tippen. Sie hat die auf der Tastatur direkt nebeneinanderliegenden Buchstaben «T» und «R» versehentlich gleichzeitig angeschlagen. Ihre Frage betrifft also nicht Trichter, sondern wohl Richter: «PS. Was spricht eigentlich gegen fremde Richter?»

Diese leidige Frage hätte die Ask-Force freilich nie aufgreifen wollen, denn die Antwort auf sie ist hinlänglich bekannt. Da wir aber allein wegen des ärgerlichen Verschreibers von Frau T. den Rest dieser Spalte nicht leer lassen können, klärt die Askforce hier das an sich Klare erneut und trichtert ein, warum nichts gegen fremde Richter spricht:

Nach schweizerischem Rechtsverständnis darf ein Richter mit dem Angeklagten weder verwandt, verheiratet noch verschwägert sein. Es ist eine Grundvoraussetzung unserer Rechtssprechung, dass sich Richter und Täter fremd sind. Unfremde Richter würden ja zwangsläufig zu Kuscheljustiz führen. Wer jetzt – was bei Lichte betrachtet aber unvorstellbar ist – verlangen sollte, Richter müssten so unfremd wie nur möglich sein, führte uns geradewegs ins Verderben. Der unfremdeste Richter über das eigene Tun ist nämlich das eigene Ich. Wenn nun in der juristischen Auseinandersetzung dem Ich erlaubt wird, sich nicht nur zu verteidigen, sondern auch noch Richter über das eigene Ich zu sein, wäre jede Rechtsnorm obsolet: Ich finde immer Gründe, mich freizusprechen.

Also, werte Frau T.: Entschiede man sich fürs Ich als unfremden Richter, wäre die Gesellschaft ohne ordnende Herrschaft – besser bekannt als pechschwarze Anarchie – perfekt. Aber das ist ja, wie bereits gesagt, alles nicht neu und fast ausnahmslos allen klar.

Askforce Nr. 704,
30. März 2015