Lieber Simon B. aus B., die Askforce geht davon aus, dass Sie nie in die Verlegenheit gekommen sind, mit Menschen, die Ihnen nicht besonders nahe sind, Fondue – mit oder ohne Fleisch – zu essen. Vielleicht gehören Sie auch zur beneidenswerten Kaste jener, deren Küchenschränke geräumig genug sind für ein «Fondue chinoise Set» mit abgetrennten Buchten für jede einzelne Sauce.  

Doch kommen wir zur Antwort: Natürlich, lieber Simon, schmilzt beim Fondue chinoise nichts. Jedenfalls, und davon gehen wir in Unkenntnis Ihrer Tisch-gepflogenheiten gerne aus, solange Sie Ihren Gästen kein Gammelfleisch servieren. 

Und damit sind wir schon beim Schmelzpunkt des Gerichtes angelangt: den Gästen. Denn so wenig das Chinoise-Fleisch weich wird, so sehr steht fest: Dieses Menü gibt’s nicht am heimischen Mittagstisch. Nein, die Bouillon mit kunterbunten Saucen wird nur aufgefahren, wenn Gäste erwartet werden oder – und hier möchten wir weiterdenken – an Firmenanlässen rund ums Jahresende. 

Und da wird’s halt doch oft fast so, wie es die Werbung gerne suggeriert: Man gruppiert sich an hübsch dekorierten Tischen um die blau schimmernde, im schlimmsten Fall merkwürdig riechende Miniatur eines Lagerfeuers, streckt die Arme zur Tischmitte, um das Fleisch in die Brühe zu tunken, die Schultern und Knie berühren sich, der Abstand schmilzt. Zuerst jener zwischen der Avocado-Apfel-Ingwer-Tunke vom Caterer und der vom ehrgeizigen Hobbykoch stolz präsentierten Mayo-Mango-Miso-Sauce; bald schwimmen die Silberzwiebeln im Chutney, und die Pommes und Cornichons schmieren sich gegenseitig mit Ketchup ein. Schmecken tuts trotzdem, und die Deko-Kerzlein schimmern warm. 

Was die Werbung gerne vergisst: Mit der Ästhetik schmilzt auch der soziale Abstand. Wir essen alle aus dem gleichen Boot, pardon: Caquelon, nicht wahr? Darauf stossen wir doch gerne noch mal an! Mit jedem Schlückchen schmilzt die Sehkraft, dafür sieht die Kollegin, der Vorgesetzte etwas besser aus und die Sprüche werden flotter. Welch Gaudi, wenn der Nebenfrau das Fleisch ins Süppchen fällt – ja, muss sie da nicht zur Strafe ein Liedchen singen? 

Bevor wir zu langfädig werden, verlassen wir die käsige Szenerie. Kann ja sein, dass Sie sich auf die Party freuen, lieber Simon. Darum hier nur noch ein Hinweis: Wählen Sie immer eine Fonduegabel mit einem Punkt in einer hellen Farbe, bevorzugt Weiss oder Gelb, die kann man auch im Kerzenlicht gut unterscheiden. 

Wir wünschen Ihnen frohe Festtage!