«Mich plagt eine Frage», schreibt Frau B. N. aus Bern: «Warum machen die Bären im Bärengraben keinen Winterschlaf, sondern gehen schwimmen? Für eine Antwort bin ich sehr dankbar.» Mehr schreibt Frau N. nicht. Sie liefert auch keinen Hinweis darauf, warum diese Frage sie plagt. Für uns gibt es keine andere Erklärung, als dass Frau N. einen Widerspruch ausgemacht hat zwischen der von ihr erkannten Realität (sie fühlt, dass es Winter ist, und sie sieht, wie im Bärenpark die Bären schwimmen) und dem Stoff, der ihr in der Schule in jungen Jahren beigebracht wurde (Bären halten einen Winterschlaf, und ein Winterschlaf ist ein richtiger Winterschlaf).

Solche Konflikte sind normal, Frau N. Denn das, was man in der Schule lernt, ist von besonderem Rang. Es scheint dem, was später selbstständig gelernt wird, übergeordnet zu sein – womöglich bloss deshalb, weil das Schulwissen auf ewig mit der Autorität der Lehrperson verbunden bleibt. Doch seit Sie aus der Schule gekommen sind, hat sich die Erde weitergedreht, Frau N. Ein Bespiel: Sagen Sie uns bitte, wie viele Planeten es gibt! Neun? Nein, offenbar sind es seit einiger Zeit nur noch acht. Und Sie spüren es: Auch die Askforce ist sich der Sache bei der Planetenfrage nicht so sicher und drückt dies mit dem Begriff «offenbar» aus. Warum Pluto plötzlich kein Planet mehr sein soll, ist ja nicht so leicht zu fassen (und auch der Askforce nicht ganz klar).

Beim Winterschlaf der Bären ist es aber nicht das Gleiche: In diesem Fall ist die Wirk­lich­keit offenbar um einiges komplizierter als der Hefteintrag aus der vierten Klasse. Nebst dem «richtigen» Winterschlaf, wie ihn offenbar Murmeltiere praktizieren, gibt es offenbar so etwas wie eine Winterruhe, bei der die Körpertemperatur offenbar nicht derart stark abgesenkt wird. Eine solche Winterruhe, die offenbar mehr einem Dämmer­schlaf gleichkommt, wird nun offenbar von Bären durchgeführt oder abgehalten (Entschuldigung, uns fällt grad kein besseres Wort ein).

Vielleicht aber haben Sie, liebe Frau N., vor dem Hintergrund des immer noch laufenden Darwin-Jahres mit dem Gedanken gespielt, das Schwimmen der Bären habe etwas mit Evolution zu tun. So nach der Idee: Weil die Bären immer genügend zu fressen bekommen, brauchen sie keinen Winterschlaf. Dazu nur dies: Evolution läuft unseres Wissens sehr, sehr, sehr langsam ab. Dazu ein Beispiel: Würde man vier DRS-3-Radiomoderatorinnen und -moderatoren in einen Glaskasten sperren (zwei Weibchen und zwei Männchen), würde nach unseren Berechnungen auch nach sieben Gene­rationen noch kein Unterschied zu den heute lebenden Individuen bemerkbar sein – obschon bestimmt ein starker Selektionsdruck Richtung grosse Klappe vorhanden wäre.

Askforce Nr. 446,
21. Dezember 2009