«Grüessech Askforce, gehe grad gredi in meine Fragestellung.» Die Zuschrift von Frau Doris Z. fällt nicht nur wegen ihres superdirekten Einstiegs auf. Auch der Schluss ist bemerkenswert. «Danke für eure Antwort», schreibt sie, «und falls ich keine erhalte, ists auch gut. Es ist keine Schande, zu sterben und noch pendente Fragen zu haben.»

Diese Aussage finden wir stark und abgeklärt. Aber auch die Sprache: «grad gredi». Ohne jede Ironie: Wir bewundern, wie elegant Frau Z. hier das Hoch- und das Berndeutsche verbindet.

Doch nun unverzüglich in die Fragestellung: «Warum kann eine Stechmücke nicht einfach ins Schlafzimmer fliegen, mich irgendwo stechen, Blut saugen und dann, meinetwegen leise rülpsend, in einer Zimmerecke meinen edlen Lebenssaft verdauen?», schreibt Frau Z. «Warum muss sie danach noch ekelhaft surrend um meinen Kopf fliegen, bis ich erwache, entnervt aufstehe und sie mit einem gezielten Schlag mit der Zeitung in die ewigen Jagdgründe befördere?»

Schwierig, Frau Z., Sie stellen die Frage nach dem Warum. Wahrscheinlich könnte die Stechmücke das schon anders machen und müsste «danach» nicht noch um ihren Kopf surren. Sie hat ja, was sie braucht. Vielleicht tut sie es nur, weil Ihr Blut sie gestärkt hat und weil Sie für sie ein Kraftort sind.

Die Fragestellung, die uns zentral erscheint, ist aber eine andere: Ist es richtig, der Mücke mit einer klaren Tötungsabsicht entgegenzutreten, nur weil sie nervt? Umweltfachleute würden Ihnen wohl recht geben. Überträgt man nämlich das schweizerische Wolf-Konzept auf Mücken, lässt sich der Fall leicht beurteilen. Wenn ein Wolf sich Menschen annähert und sich nur schwer vertreiben lässt, gilt er als Problemwolf – und muss abgeschossen werden. Ihre Mücke ist also eine Problemmücke.

Wie wir beim Wolf von Zimmerwald aber gelernt haben, ist es dann zulässig, ein Auge halb zuzudrücken, wenn er nicht aggressiv reagiert. Das scheint bei Ihrer Mücke auch so zu sein. Sie surrt nur um Ihren Kopf, attackiert Sie aber nicht. Was ihr fehlt, ist ein negatives Erlebnis mit Menschen. Der Fachausdruck dazu heisst Vergrämung.

Beim Wolf von Zimmerwald hat ein Wildhüter gemäss einer Mitteilung einen «gezielten Warnschuss» abgefeuert – das Projektil schlug knapp neben dem Tier ins Gras. Wir möchten Sie dazu ermuntern, Frau Z., es bei Ihrer Problemmücke auch mit Vergrämung zu versuchen, bevor Sie brutal töten. Führen Sie dazu mit Ihrer Zeitung am besten einen gezielten Warnschlag aus – knapp neben dem Tier an die Wand.

Askforce Nr. 824, 25. September 2017