Martin Z. aus Niederscherli hat offenbar mit Interesse unsere Belehrung übers horizontale und vertikale Gewerbe gelesen (Askforce Nr. 1077 vom 12. Juni 2023). Auf jeden Fall präsentiert er nun ein Bouquet von Anschlussfragen. Er möchte wissen, warum der männliche Kunde von Prostituierten «Freier» genannt wird, wovon er sich denn befreien könne und im Vergleich zu wem er freier sei.

Kommen wir bei dieser Frage, die einzelne unserer Expert:innen eher unangenehm berührt, also gleich auf den Punkt und schweifen dafür kurz ins 18. Jahrhundert ab. Wer damals auf Freiersfüssen umherging, hat sich nämlich nach einer Braut umgesehen. Der Freier war jemand, der um ein Mädchen freite, was veraltet so viel heisst wie buhlen (falls auch das Verb «buhlen» nicht mehr in Ihrem Wortschatz ist, holen Sie am besten bei Ihren Nebenbuhlern Nachhilfeunterricht). Ein Freier ist also ein Bittsteller, ein Bewerber.

Heute gilt der Freier, je nachdem, wie geschickt er dies anstellt, auch als Schürzen­jäger oder Schwerenöter – oder als Querulant. Was auch damit zu tun hat, dass nur im Film «Pretty Woman» (1990) aus der Sexarbeiterin tatsächlich eine Braut wurde.

Wird ein Mann zu einem Freier, kann er sich höchstens von seinem Image als charmanter Verführer oder von seinem Ruf als treuer Partner befreien. Oder dann – verzeihen Sie diese Wende in der unmoralischen Geschichte – befreit sich sein:e Partner:in von ihm, wenn sie – oder er – ihm auf die Schliche kommt. Manchmal sind aber just diese ganz befreiten Freier erstaunlich schlecht drauf und wirken verblüffend unfrei.

Sie sehen, Herr Z., frei im Sinne von locker oder lässig ist ein Freier selten, höchstens frei im Sinne von moralfrei und vielleicht frei vom Glauben an die unkäufliche Liebe.

Und – hier liegt ein Trugschluss vor – selbst wenn er sich ganz frei macht und gar hüllenlos herumläuft, ist ein Freier nicht freier als nicht freiende Menschen. Im Gegenteil: In manchen Ländern müssen Freier mit einer Freiheitsstrafe rechnen, wenn sie sich der «gewerbsmässigen Unzucht» hingegeben haben.