Die Familie von Ben T. aus Bern hat sich neulich «über Berge und Erstbesteigungen unterhalten», wie er der Askforce mitteilt. Dabei sei die Frage aufgekommen, «wer denn den Gurten als Erster bestiegen hat». Ob die Askforce vielleicht (sic!) mehr wisse über die Erstbesteigung des Berner Hausbergs?

Zugegeben: Das askforceinterne Originalitätsmessgerät schlägt bei Herrn T.s Frage nach oben aus. Und doch müssen wir ihn zunächst tadeln. Die Askforce weiss nicht «vielleicht» mehr, sondern ganz sicher, immer und überall. Nachdem dies wieder einmal gesagt wäre, wollen wir uns nun der Beantwortung der Frage zuwenden.

So klipp und klar wie die Erstbesteigung des Mount Everest durch Edmund Hillary und Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 kann jene des Gurtens nicht bestimmt werden. Die Askforce glaubt, dass sie im Mittelalter stattfand, ohne Sauerstoffzufuhr, und dass die Erstbesteigerin – adäquater: die Erstbestîgerin – Frau Aegerter hiess. Sie entstammte dem Berner Rittersgeschlecht der von Aegerten, auch Egerdon genannt. Eines Tages im 13. Jahrhundert raffte Frau Egerdon ihre Röcke, verliess die Stadt und erklomm den Gurten, derweil die Männer der Familie ihrer Ratsherrenämter walteten.

Frau Aegerter stand der Sinn nach freier Sicht aufs Mittelmeer. Daraus wurde zwar nichts, erblickte sie doch stattdessen noch höhere, schneebedeckte Berge. Dennoch erwarb die Egerdon-Sippe auf ihre Initiative hin den neu entdeckten Gurten und liess auf der Kuppe eine Burg errichten. Schon 1312 stiessen die Aegerters den zugigen Stammsitz freilich wieder ab und zogen in ein Stadthaus an der Herrengasse. Die Burg auf dem Gurten liessen sie verfallen, typisch Niedrigadel.

Okay. Mag sein, dass lange vor Frau Aegerter burgundische und alemannische Späher im Auftrag ihrer sich bekämpfenden Truppen auf dem Gurten herumstolperten. Oder dass sich – nochmals viel früher – ein Tschüppeli Kelten von der Engehalbinsel nach einigen Gläsern Honigwein auf das Berglein verirrten. Von Erstbesteigungen würde die Askforce in diesen Fällen allerdings nicht sprechen. Erst Frau Aegerter verleihen wir dieses Etikett, wenn sie auch in den Chroniken generell nur ganz am Rand als «Mutter von» erwähnt wird.

Seyd ihr zufrieden, oh edler Leser in diesen modernen Zîten, mit der Antwort, welchselbige wir euch so gelêret haben kundgetan?

Askforce Nr. 1048,
28. November 2022