Vitamine auf dem Park-Ticket?

Leserin Lilo K.-S. aus I. meldet der Askforce eine Beobachtung aus der Unterwelt des motorisierten Individualverkehrs: «Können Sie mir sagen, weshalb in den Parkhäusern viele Menschen mit Tickets im Mund umhergehen und -fahren? Haben diese Tickets gesunde Wirkstoffe oder Vitamine?» Sie jedenfalls, schreibt Frau K. weiter, würde so etwas nie «zwischen die Zähne nehmen».

Eine Frage ganz nach dem Geschmack der Askforce. Und spontan würde unsere Antwort wie folgt lauten: Nachdem der Automat das Parkhausticket ausgespuckt hat, nehmen die Menschen es in den Mund, weil sie beide Hände frei haben müssen, um das Steuerrad zu bedienen und den Wagen Richtung nächste Parklücke zu lenken. So haben sie es schliesslich in der Fahrschule gelernt. Deponierten die Menschen den Fötzel irgendwo im Auto, fänden sie ihn wenig später garantiert nicht wieder, zwischen all den Gölä-CDs, haarigen Hundedecken, angebrochenen Kaugummipackungen und fahrig zusammengefalteten Strassenkarten der Toskana.

Doch die Askforce, selber stets auf Touren, pflegt ihre Fragesteller bekanntlich nicht mit der naheliegendsten Antwort abzuspeisen. Auf Beobachtungsposten in Berner Einstellhallen atmeten wir ein paar Tage lang Benzinduft und Erkenntnis ein. Es verhält sich so, liebe Frau K.-S.: Im Parkhaus werden entwicklungsgeschichtliche Fortschritte ausser Kraft gesetzt. Da wird der Mensch wieder zum Tier. Im Kampf um ein rares Gut – Autoparkplätze in der Stadt Bern – erwachen urzeitliche Reflexe. Zu diesen gehört es, die Zähne in alles zu schlagen, was Nahrung ähnelt, zum Beispiel Parkhausticket-Cellulose.

Die von Frau K.-S. vermuteten Vitamine finden sich auf diesem Stücklein Papier zwar nicht, dafür hat es dort, rein chemisch betrachtet, Vielfachzucker. Denn Cellulose ist ein sogenanntes Polysaccharid. Indem gestresste Autofahrer das Ticket in den Mund nehmen, versüssen sie sich ganz unbewusst die mühsame Parkplatz-Suche ein wenig. Gut, dass unsere Leserin aus I. das absonderliche Verhalten in Parkhäusern öffentlich aufs Tapet gebracht hat. Die Askforce konnte dadurch auf eine schlüssige Antwort zusteuern und den Wissensstau auflösen. Einmal mehr!

Askforce Nr. 613,
17. Juni 2013