«Sie bekommen sicher auch ab und zu Kärtchen, die die freudige Geburt eines neuen Menschleins anzeigen», schreibt uns Frl. Zoccoli. «Frage: Warum steht immer drauf, welche Masse das Baby hat? Das Arme kann sich ja noch nicht dagegen wehren! Oder anders gefragt: Wenn die Leute die Masse so wichtig finden, ma foi – doch warum nennen sie nicht schon auf der Hochzeitseinladung stolz die Masse von Partner/Partnerin?»
Ihre erste Frage, wertes Frl. Zoccoli, ist schnell beantwortet – mit einer Gegenfrage: Was um Himmels Willen soll denn sonst auf der Geburtsanzeige stehen? Dass das Kind – Überraschung! – kaum Haare und noch überhaupt keine Zähne hat und weder gehen noch sprechen kann? Dass es keine Hobbys pflegt, weil es rund um die Uhr mit seinen Grundbedürfnissen beschäftigt ist – und seine Eltern übrigens auch? Möchten Sie das wirklich lesen? Geburtsgewicht und -länge hingegen werden von der Hebamme routiniert erfasst, und die übermüdeten Jungeltern können ohne Zusatzaufwand etwas über das ansonsten noch weitgehend unbekannte Kindchen erzählen.
Sie, Frl. Zoccoli, fragen weiter, warum die Körpermasse von Heiratswilligen nicht ebenfalls offengelegt werden. Auch hier wollten wir ursprünglich locker zurückfragen, wer denn so etwas wissen möchte, und dann hätten wir Ihnen noch ein paar Betrachtungen zu den Themen Bodyshaming und innere Werte mit auf den Weg gegeben.
Aber Sie haben uns erwischt, natürlich sind wir neugierig – und die meisten Hochzeitsanzeigen sind tatsächlich furchtbar spröde: «Wir heiraten! Sandra und Daniel, Kirche Oberwangen, Samstag, 25. Juni, 15 Uhr, Apéro vor dem Gemeindehaus 16.30 Uhr». Fertig. Als Turnvereinsfreundin von Sändle weiss man aufgrund der dürftigen Informationen vielleicht nicht einmal, wie ihr Dänu überhaupt aussieht, was er beruflich macht, ob er Bier trinkt oder Sirup, ob er jodelt, abstimmen geht und als Kind die Masern hatte. Und da soll man dann ein sinniges Geschenk aussuchen. Oder auch nur Spalier stehen: Vielleicht ist der Mann ja ein Riese, und wir schlagen ihm mit den Gymnastikringen die Nase ein. Oder er ist so breit, dass wir besser zu den Speeren als zu den Keulen greifen. Ein knappes Daniel, 178 cm, 85 kg, könnte Klarheit schaffen.
Askforce Nr. 1020
16. Mai 2022