Selbst der «Bund» verwende völlig unbedacht den Begriff «unheilige Allianzen», wenn für einmal SP und SVP gemeinsam eine Vorlage bodigten. «Was ist an solchen Allianzen schlecht? Muss man da gleich zu religiösen Begriffen greifen?» Das fragt Werner L. aus M., der uns noch wissen lässt, er sei übrigens Mitglied des Kichgemeinderats und «Mitglied einer bedeutenden bürgerlichen Partei». Da die Askforce bei Werner L. ein erhöhtes staatsbürgerliches Interesse festzustellen glaubt, erörtert sie gerne kurz, welche Allianzformen die Schweiz kennt.
Heilige Allianzen, also Allianzen, die einem Gott geweiht sind oder die sich selbst als zur göttlichen Sphäre zugehörig verstehen, sind in der Schweiz dank Trennung von Kirche und Staat weitestgehend tabu. Wirklich hellhörig werden müsste man also, wenn in der Schweiz plötzlich heilige Allianzen gepriesen würden: Das wäre der Beginn gottesstaatlicher Verirrungen.
Unheilige Allianzen sind demnach im Gegensatz zu den heiligen Allianzen alle anderen, ganz ordinären Bündnisse zwischen Politiker, welche die Trennung von Kirche und Staat achten und verfassungstreu politisieren wollen. Wenn Werner L. meint, der Begriff unheilige Allianz sei negativ zu verstehen, dann gehe er in sich: Die Kritik an unheiligen Allianzen kommt nämlich meist aus der Ecke, die vertraut mit einer viel typischeren schweizerischen Allianzform ist, nämlich der scheinheiligen Allianz.
Scheinheilige Allianzen zeigen sich etwa bei Wahlen, wenn Parteien, deren Vertreter sich spinnefeind sind, öffentlich mit lautem Brimborium ihre Einigkeit herbeizureden versuchen. Noch häufiger als die heilige, scheinheilige und unheilige Allianz ist hierzulande freilich die uneilige Allianz.
Uneilige Allianzen sind Vereinigung von Volksvertreterinnen und -vertretern, die gemeinsam betonen, wie gross die zu lösenden Probleme seien und die dann deren Lösung weiter auf die lange Bank schieben. Wir orten solche uneilige Allianzen mindestens vier Mal jährlich in der Form von dreiwöchigen Zusammenrottungen unter der Bundeshauskuppel.
Askforce Nr. 419,
15. Juni 2009