Sollten wir die Jodtabletten fein raffeln?
Nach der Abschaltung geht vom AKW Mühleberg keine Gefahr mehr aus, deshalb dürfen viele Bernerinnen und Berner die Jod-«Tablettli» absetzen. Allerdings lange nicht alle, weil ein 50-Kilometer-Radius um die Atomkraftwerke gilt. In Nachbarkantonen rattern bekanntlich noch einige Kernmühlen friedlich und unverwüstlich vor sich hin.
Unsere werte Leserin Kathrin S. aus B. muss zu jenen gehören, die keine «Tablettli» mehr benötigen, will sie doch von der Askforce wissen, wie man die Jodtabletten sinnvoll verwerten könne. Frau S. macht gleich selber einen Vorschlag. «Wegwerfen ist von gestern. Sollten wir die nun unnötigen Mühleberg-Jodtabletten fein raffeln und dem Salz beigeben, damit wir keinen Kropf kriegen?»
Frau S. rennt offene Türen ein, denn das Bundesamt für Gesundheit erklärte, dass die Packungen in allen Apotheken abgegeben werden könnten. Das Jod werde zurückgewonnen. Auch die Askforce spricht sich gegen das Ausschauben aus. Die Dosierung ist jedoch zentral: Man muss mit der Raffel so vorsichtig zu Werke gehen, als ginge es um weisse Trüffel. Wir verweisen auch auf einen vor zehn Jahren im «Bund» erschienenen «Expertenbericht». Dort hiess es, im Spaghettiwasser hinterlasse das Jod einen metallisch-bitteren Nachgeschmack. Auch bei Frühstückseiern ist darum Vorsicht geboten.
Man muss sich vor Augen halten, dass solche Tabletten in der Schilddrüse ein wahres Jod-Feuerwerk veranstalten. Pro Tablette enthalten sie 50 Milligramm Jod. Das ist etwa hundert Mal mehr, als dem Wohlbefinden zuträglich ist.
Der Beipackzettel listet zahlreiche Nebenwirkungen auf: Erbrechen, Durchfall, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Husten, Bronchitis, Herzklopfen, Ruhelosigkeit, Fieber, Ausschläge, Ödeme, Gelenkschmerzen etc. Wunderpillen sind es also nicht, aber mit etwas Überzeugungskraft könnte man sie vielleicht an einer Esoterikmesse «vertschutten» – als Heilmittel gegen Kondensstreifen und 5G-Strahlen.
Askforce Nr. 1108
15. Januar 2024