Werden wir um eine «erhellende» Antwort auf eine «weltbewegende» Frage gebeten, dann greifen wir zu. So wie im Fall von Frau Sollberger, die wissen möchte: «Was könnte passieren, wenn sich der Kurschatten mit dem Kirchenlicht paart?» Hoppla, ist das jetzt «weltbewegend» oder doch eher originell, kauzig oder gar bizarr? Wie dem auch sei, wir erhellen jeden Sachverhalt.

Menschen reisen seit jeher in hellen Scharen in Kurorte, um sich von allerlei echten oder eingebildeten Leiden zu befreien, wobei die Kur oft nicht die erhoffte Heilung bringt, sondern lediglich einen Versuch dazu darstellt.

Die zu Kurierenden, von den Verpflichtungen des Alltags befreit, blühen auf und zeigen sich empfänglich für amouröse oder auch platonische Bekanntschaften.

Nun tritt der Kurschatten ins Licht. Nicht selten war der Kurschatten ein graumelierter Herr, der jüngeren Frauen im Badehaus, beim Kurbrunnen oder beim Thé dansant nachstellte. Der Kurschatten hat seine Blüte in der Belle Époque und in den Romanen von Thomas Mann erlebt. Er kann heute aber auch weiblich oder nicht-binär sein.

Theoretisch könnte dieser Schatten leicht einem Kirchenlicht folgen. Denn wo viel Licht ist, gibt es auch viel Schatten. Zunächst aber braucht er dringend eine Auffrischung, ein neues Gewand – was auch für das Kirchenlicht gilt.

Wie wäre es mit dem Spa-Schatten, Wellness-Stalker, Reha-Raspler oder dem fiesen Physio-Follower? Bei der Neueinkleidung des Kirchenlichts gerät dagegen selbst die Askforce in Verlegenheit, da ein solches unserer Auffassung nach schon lange nicht mehr geschienen hat. Immer wieder stellte man enttäuscht fest, dass dieser oder jene kein Kirchenlicht oder zumindest kein grosses sei.

Arm an hellen Köpfen ist aber die moderne Zeit nicht: Es gibt doch Uni-Leuchten, Fachhochschul-Fackeln, Behörden-Mottfeuer sowie Finnenkerzen in der Landi? Und irgendwo in Heiligenschwendi, Bad Zurzach, Davos oder Ascona werden sie sich mit Personen treffen, die man früher unter dem Begriff Kurschatten subsumierte.

Wenn aber Licht auf Schatten trifft, kommt es zu einer Dämmerung, wie man jeden Tag zweimal aufs Neue erleben kann. In der Dämmerung kann zweierlei passieren, wie ein Dichter (kein Kirchenlicht) einst schrieb: «Wird es Tag nun, wird es Nacht? Die Uhr hat’s an den Tag gebracht.»

Askforce Nr. 1047,
21. November 2022