Er sei «in grosser Sorge», schreibt Christoph B. aus N. Der Grund: Er habe sich während der Fussball-Weltmeisterschaft am Fernseher ein Spiel angeschaut, als der Live-Kommentator folgenden Satz sagte: «Nur noch 15 Minuten bleiben auf der Uhr.» Er sei nun enorm verunsichert und möchte von der Askforce wissen, wie diese Aussage zu verstehen sei. Und: «Was passiert danach?»

Nun, Herr B., gerne würden wir Sie beruhigen, indem wir Ihnen erzählten, dass sich der Kommentator lediglich einer Floskel bedient habe, wie sie im Fussball oft verwendet würden. Da verteilt schon mal einer die Bälle in der Schaltzentrale, ein anderer staubt den Ball ab, um ihn unter die Torlatte zu nageln, bevor es dann auf der anderen Seite des Spielfelds im Gehäuse klingelt. Frage beantwortet. Doch so einfach ist es nicht. In Zeiten, in denen geltungssüchtige Männer (ja, es sind vor allem Männer) Irrsinniges tun, um sich in den Geschichtsbüchern zu verewigen, muss man solche Aussagen sehr ernst nehmen. Die Askforce hat deshalb zu einer ausserordentlichen Sitzung geladen, um Ihre Frage zu behandeln.

Und die Wahrheit ist düster. Es scheint, als wurde der Live-Kommentator einge­spannt, um der Welt einen Entscheid zu verkünden, den eine Handvoll illustrer Männer in einer schillernden VIP-Lounge im al-Bayt-Stadion gefällt hat: die Stunde von 60 auf 15 Minuten zu kürzen. Aus wirtschaftlichen Gründen, versteht sich. Wenn ein Tag nun 96 Stunden dauert, darf von Arbeitnehmenden viel mehr verlangt werden. Schliesslich muss pro Stunde weiterhin gleich viel geleistet werden.

Auch die Uhrenindustrie freuts, denn nun müssen alle Uhren angepasst werden.
Was einfach tönt, ist in Tat und Wahrheit ein echtes Gemetzel. Welche Minuten dürfen bleiben, welche müssen gehen? Da der oberste Chef aller Uhren sich mal wieder nicht zu einem klaren Entscheid durchringen kann, überlässt er ihn den Minuten selbst. Die Folge: Grössere und stärkere Minuten drängen die schwäche-ren vom Zifferblatt. Diese versuchen verzweifelt, sich irgendwie festzuhalten und wieder hochzuklettern, werden aber vom Sekundenzeiger weggespickt. Schreiend und zappelnd, die Augen weit aufgerissen, fallen sie in einen dunklen, feuchten Schlund, in dem nur Kakerlaken und Nacktschnecken überleben. Und Fusspilz. Doch plötzlich erscheint aus dem Nichts eine helle Gestalt in einem regenbogen-farbenen Engelsgewand, die gütige Hand ausgestreckt. Die Rettung? Nein. Es ist nur Gianni Infantino, der noch ein Selfie mit den serbelnden Minuten schiessen will.

Ring ring ring! Oh, die Sitzung ist bereits um?! Und jetzt, Herr B.?

Zeit fürs Apéro.

Askforce Nr. 1058,
6. Februar 2023