«Ein Ärgernis!» Das sagt Fredy B. aus B. zum neuen Telefonbuch-Band 7, Stadt Bern und Region: «Ein halbes Kilo Papier für nichts! Oder sagen Sie mir doch, was ich mit dem Schunken tun soll?»
An sich eine lebensnahe, nützliche Frage. Allerdings liegt die Schwachstelle wie so oft beim Fragesteller selber. Fredy B. untergräbt seine Kompetenz als Fragesteller, wenn er von einem «halben Kilo Papier» plaudert: Band 7 ist exakt 1,166 Kilo schwer. Wir haben also Grund zur Annahme, dass Herr B. das Werk nicht wirklich zu würdigen bereit war, sondern zu jenen zählt, die sich vor jeder echten Auseinandersetzung vorsätzlich entrüsten.
Dank ihrem philanthropischen Ansatz ist die Askforce dennoch willens, einige Geheimnisse des neuen Bandes zu lüften. Aufräumen muss man mit dem Irrtum, das Telefonbuch sei literarisch armselig («viele Figuren, wenig Handlung»). Das Gegenteil trifft zu: Das Telefonbuch versteht sich mehr denn je als literarisches Werk. Eine ganze Seite wird etwa dem Œuvre «Lob des Telefonbuchs» des begnadeten Telefonbuchdichters Roger de Weck gewidmet (Seite 13). Aufmerksam lesen wir da: «In diesem Augenblick halten Sie das Telefonbuch in der Hand.»
Ungeschminkte, wahre Worte! Und wir lernen: Selbst Autoren, die gross angefangen haben, können dank dem Telefonbuch klein weiterfahren. Die Literatur ist überhaupt die eigentliche Zukunft des Telefonbuchs. Weil immer weniger Nummern nachgeschlagen werden, werden die Abonnenten neu als Dichter angesprochen (Seite 11). Alle – auch Sie – sind eingeladen, «Geschichten zum Telefonbuch» zu dichten, die dann in der Telefonbuchausgabe 2011 publiziert werden sollen. Die moderne Telefonie als nationales, literarisches Gesamtkunstwerk!
Gebildete Rezensenten wissen übrigens, dass das Telefonbuch schon heute stark dadaistische und jandlsche Einflüsse aufweist. Da wird auf Seite 8 ausführlich dargelegt, nach welcher Logik nach den Inalbons, In-Albons oder In Albons zu suchen ist. Der Clou: In Bern wohnen keine In Albons oder Inalbons! Weit mehr Raffinesse steckt in der alphabetischen Order. Da finden wir zwar den Abonnenten namens Indermitte. Aber: Exakt in der Mitte der Stadtberner Nummern sind natürlich die Küenzis! Solche Feinheiten, lieber Herr B., muss man eben herauslesen lernen.
Askforce Nr. 460,
12. April 2010