Heute stöbert die Askforce wieder einmal in ihrem reichen Fundus an Wissen über die Domestikation von Nutzpflanzen. Walter R. aus dem ländlichen Schwarzen­burg, der laut eigenen Aussagen in landwirtschaftsnahem Milieu aufgewachsen ist, schreibt uns: So schlecht wie 2021 sei die Kartoffelernte in der Schweiz wohl noch nie ausgefallen. Minus 30 Prozent, bei den Biokartoffeln gar minus 50 Prozent. «Gut möglich, dass sich das 2022 wiederholt», schreibt er und fragt: «Was bedeutet dieser Ernterückgang für den Röstigraben? Verschwindet er, weil es zu wenig Kartoffeln für Rösti gibt?»

Zwar liegt das Internationale Jahr der Kartoffel bereits 14 Jahre zurück, Walter R.s Frage ist aber dennoch brandaktuell. Tatsächlich wurde ein grosser Teil der Knollen im vergangenen Sommer verregnet und verhagelt. Unser Land ist schon dermassen unterversorgt, dass wir tonnenweise Kartoffeln importieren müssen. Unser Manna mit Schmalz und Tradition ist also ernsthaft in Gefahr!

Aber anders sieht es mit dem Röstigraben aus: Er existiert auch dann, wenn gar keine Rösti verzehrt wird. Die Ost-West-Teilung der Schweiz besteht seit mindestens 7000 Jahren. Und ein 7000 Jahre alter Graben lässt sich nicht einfach zuschütten. Nicht einmal mit faulen Härdöpfle. Er befindet sich nämlich zwischen den Kulturen, und noch viel tiefer verankert in unseren Köpfen.

Der Röstigraben hört also erst auf, wenn die Westschweizer aufhören, immer Ja zu stimmen, wenn die Deutschschweizer Nein sagen. Oder wenn Journalistinnen und Journalisten aufhören, an jedem Abstimmungssonntag vom Röstigraben zu reden und stattdessen endlich von einer Burgunder-Alemannen-Kluft sprächen oder von der Kopfschüttler-und-Kopfnicker-Spalte. Dann erst, ja dann wäre der Röstigraben bald Geschichte.

Nun aber fordern wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, dringend auf, etwas gegen Kartoffelnot und Röstikrise zu tun: Säen Sie, wo immer Sie ein Feld sehen, am 7. Mai Kartoffeln aus. Dann jährt sich nämlich der Namenstag des heiligen Stanislaus von Krakau. Und die Bauernregel, die Walter R. bestimmt geläufig ist, besagt: Wenn sich naht Sankt Stanislaus, rolle die Kartoffel heraus.

 

Askforce Nr. 1018,
2. Mai 2022