«Ich finde keinen Anhang!»
«Einer Arbeitskollegin – sie ist Single – habe ich kürzlich ein unverdächtiges Dokument mailen wollen. Sie schrieb dann umgehend: ‹Ich finde keinen Anhang!› Seither rätsle ich, wie auf eine solche Avance zu reagieren ist», umschreibt Herr Wolfgang W. – W wie Wedekind – aus B. seine Frage.
Wir verstehen schon – aber Sie treffen bei uns zielsicher einen wunden Punkt, Herr W. Denn die Askforce ist ja auch nur ein Mensch – präziser: ein Team. Auch wir Expert:innen sehnen uns ganz altmodisch nach «Avancen». Wir mussten weinen. Nun aber sind die Tränen getrocknet, unser Geist hellwach und im Antwort-Modus:
An den Askforce-Lehrstühlen weltweit gibt es zwei Hypothesen zum sogenannten «Attachment-Omitting-Syndrom», dem Weglassen von Anhängen:
- Die Reframing-Hypothese: Zwar vergassen Sie, Herr , den Anhang tatsächlich, interpretieren aber die harmlos gemeinte Reaktion der Empfängerin noch so gerne als «Avance». Die Avance kommt jedoch von Ihnen, Herr W.! Skrupellos deuten Sie einen sachlichen Hinweis um in ein Konstrukt, das persönliche Vorteile verspricht. Solches Reframing dürfte aber als Belästigung gedeutet und dereinst als zerstörerischer «#MeToo-Verdacht» durch die Medien geistern.
- Die Attaching-Hypothese: Sie liessen das Attachment bewusst weg und schickten das Mail an die Dame Ihres Begehrens, worauf obiges Reframing folgt. Noch tückischer für die Absenderin wird es, wenn sie nachfragt: «Wo ist Ihr Anhang?» oder «Haben Sie Ihren Anhang vergessen?» Sie deuten dann die «Wo»-Frage so, die Empfängerin suche eine Gelegenheit, den Absender ungestört zu besuchen (falls «der Anhang» etwa gerade in Mallorca ist), und die «Vergessen»-Frage dergestalt, dass die Herzdame Sie auffordere, einen neuen Anhang zu suchen. Subtil, aber manipulativ!
Noch kaum erforscht ist hingegen die Echokammer der beiden Hypothesen. Erstes Echo: Die Fragerin hofft, der Absender sei ein bewusster «Attachment-Omitter», der sich eine zweideutig-eindeutige Reaktion erhoffe, um dann den Schuh in die Tür der Dame zu setzen. Zweites Echo: Die Fragerin nimmt an, der Absender nehme an, die Fragerin hoffe, er sei ein bewusster «Attachment-Omitter», nachdem er das Attachment ja nur vergessen hatte. Und so weiter! Um endlich auf Ihre Frage zurück zu kommen, Herr W.: Wie ist auf eine solche Avance zu reagieren? Unser Tipp: Besser nicht die Askforce fragen, das zerstört letzte Illusionen! Betrachten Sie sich selbst als Anhang und besuchen Sie die Arbeitskollegin demnächst!
Askforce Nr. 1136
22. Juli 2024