«Bund»-Leser Res will unbedingt anonym bleiben. Wir nennen ihn hier deshalb in der Folge Rolf und fügen den Zusatz «richtiger Name der Redaktion bekannt» an. Also denn: Rolf* (*richtiger Name der Redaktion bekannt), ist kunstsachverständig und findet die Titel der Ask-Force zu wenig kunstvoll. Auf jeden Fall urteilt er streng über den Titel «L’art pour l’art des Fragens» vom 21. August. Ganz klug merkt er an: «‹L’art pour l’art› steht für sich, da folgt kein Genitiv.» Er bringt auch alternative und korrektere Wendungen wie «La question pour la question» oder «L’art de poser des questions pour l’art!» ins Spiel.

Rolf geht so weit, in der Ask-Force eine Art «Art-Force» zu sehen. Das erklärt sein Anliegen: Er erwartet von uns, stets «kunstvoll zu titeln». Und weiter: «Titel sind eine Kunst, meinetwegen eine Kunst um ihrer selbst willen.»

Was uns plagt: Rolf fragt nichts. Oder steckt in seinem «Anliegen» die fragende Kritik, warum wir seinem Kunstbegriff nicht genügen? Dann ist die Antwort einfach: Die Ask-Force macht keine Kunst. Sie besteht aus Schreibhandwerkern und -werkerinnen. Alle büffelten sie die Theorie, was solide, einladende Titel brauchen. Repetition: «Hund beisst Postbote» ist ein eher schlechter Titel (über einer schlechten Story); «Postbote beisst Hund» ist der eher bessere Titel (über einer trotzdem schlechten Story). Müsste die Ask-Force sie titeln, schriebe sie vielleicht:

Postbote mit Biss: Hund mausetot!

Das ist künstlerisch immer noch nicht wertvoll und macht die Story immer noch nicht besser. Weil «mausetot» für einen Hund nur auf den ersten Blick katzfalsch klingt, ist der Titel dennoch als überdurchschnittlich lesefördernd zu betrachten (was Ihr lesenderweises Vordringen bis hier belegt).

Was, Rolf, sind überhaupt kunstvolle Titel? Jahr für Jahr werden in Leipzig die ungewöhnlichsten Buchtitel ermittelt. Ja, das ist unterhaltsam. 2015 gabs Applaus für «Aufgeben ist keine Lösung. Ausser bei Paketen» (Patrick Salmen). 2014 obsiegte der etwas lang geratene Titel «Wir sind glücklich, unsere Mundwinkel zeigen in die Sternennacht, wie bei Angela Merkel, wenn sie einen Handstand macht» (Thomas Spitzer). Aber sorry, so was lässt sich tamedianonemal niemals in eine Normzeitungsspalte quetschen.

Item. Stellen wir nun den zitierten Top-Titeln das Askforce-Titelmittelmass gegenüber: «Das also ist des Pudels Cern!» (2008); «Unter dem Messer den Löffel abgeben» (2009); «Rentieren eigentlich die Rentiere?» (2010); «Schämen sich nackte Schnecken?» (2012); «Wie atmet der Wurm im Apfel?» (2014); «Was spricht gegen fremde Trichter?» (2015).

Nun, Res. Pardon: nun, Rolf. Gemessen daran, dass wir nur Fragen beantworten und keine Kunst schaffen, ist das doch schon recht solide. Nicht wahr?

Askforce Nr. 823,
18. September 2017