Im Dokumentarfilm «Die Vierte Gewalt» von Dieter Fahrer kommt das Publikum zum unbedingten Eindruck, bei der Tageszeitung «Bund» seien primär ein paar wackere und zugleich etwas angegraute Herren beharrlich am Werkeln – und das in einem insgesamt tobenden Umfeld. Seither trudeln regelmässig aufmunternde Sympathiebekundungen ein: Man möge doch weiter für die Werte streiten, für die der «Bund» stehe. Aber es gibt auch Kritik. So findet Barbara L. aus dem hübschen Aaretal, sie sei «halt grundsätzlich gegen Gewalt», und deshalb störe sie eigentlich auch «das Lamento um die vierte Gewalt», um die es schlecht bestellt sei: «Warum hat die ‹Bund›-Redaktion es denn überhaupt nötig, sich nach Macht zu sehnen?»

Eine klare Frage, die Leserin Barbara L. da stellt. Aber deren Beantwortung ist selbst für die Askforce knifflig. Selbstverständlich müsste hier der Tamedia-Konzernsprecher erst eine Sprachregelung ausarbeiten. Aber ebenso selbstverständlich würde Barbara L. wohl keine wohlaustarierte Antwort kriegen wollen, in der beteuert wird, der «Bund» gehe «mit Macht sehr verantwortungsvoll um» und «ausschliesslich im Sinne der aufklärerischen Leistung klassischer Medien».

Ganz unter uns und in schonungsloser Offenheit gesagt: Die ehrliche Antwort lautet anders. Die Askforce hat die Entstehungsgeschichte des Filmes aufs Genauste analysiert und dabei festgestellt, dass der Film nur aufgrund eines enormen Missverständnisses entstehen konnte. Ein erheblicher Teil der «Bund»-Belegschaft wähnte sich im Glauben, es gehe nicht um einen Film über die «vierte Gewalt», sondern über das «vierte Gehalt»: Die sichere Aussicht auf das «vierte Gehalt» also hat die «Bund»-Crew vor der Kamera ein paar ganz schöne Sachen sagen lassen.

Das «vierte Gehalt» ist gewissermassen die Hoffnungsformel in der von Personalabbau geprägten Medienbranche. Im Rechtsstaat Schweiz ist ja die dreimonatige Kündigungsfrist gängig. Die drei nächsten Gehälter sind somit stets gesichert. Ob aber auch ein viertes Gehalt folgt: Genau darauf kommt es an. Somit ist die Unterstellung von Leserin Barbara L., der «Bund» sei machtstrebend oder gar gewaltversessen, gründlich widerlegt. Er ist bloss unverbesserlich hoffnungsvoll.

Anzumerken bleibt, dass der Film «Die Vierte Gewalt» trotzdem ganz gut gelungen ist. Nur hätte auch ein Streifen mit dem Titel «Das vierte Gehalt» wegweisend werden können. Unser assoziierter Experte Herr Alder sagt nämlich richtigerweise, in der aktuellen liberalen Volkswirtschaftslehre sei noch immer viel zu viel vom 13. oder gar 14. Gehalt die Rede. Dabei verspreche die turboliberale Wirtschaft der Zukunft höchstens noch vier Gehälter. Ist nämlich das Rentenalter 72 für Mann, Frau und Zwischengeschlecht realisiert, werden alle Asylsuchenden in den Arbeitsprozess integriert, wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie total optimiert – und wird gleichzeitig der grösste Teil der Arbeitswelt roboterisiert, wird die zu verteilende Arbeit pro Person und Jahr höchstens noch vier Monate ergeben. Nach dem «vierten Gehalt» gäbs dann in den übrigen acht Monaten einfach ein bedingungsloses und hoffentlich gewaltloses Grundeinkommen.

Askforce Nr. 849,
9. April 2018