Sie habe gar nicht gewusst, dass Kartoffeln zu den Partygängern gehörten, schreibt Frau B. aus Säriswil in einer Reaktion auf den Titel «Schweizer Kartoffeln gehen aus», der letzte Woche im «Bund» über einem Artikel stand, der von der vorzeitigen Ausaperung der einheimischen Erdäpfelhalden berichtete. «Gehen nur Schweizer Kartoffeln aus oder auch diejenigen anderer Nationen?», fragt die Leserin. «Und was bevorzugen sie eigentlich? Wohl eher Volkstümliches?» Man sehe jedoch, merkt sie an, auch in der Oper so manche Kartoffelsäcke. Tatsächlich, Frau B., Kartoffelsäcke? Leere oder volle? Wir wagen zu zweifeln. Doch auch wenn die Askforce zweifelt, so hindert sie das nicht daran, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

Sind die Säcke leer, so kann man sich diese, wenn es in der Oper zieht, über die Knie legen, oder vor die Augen halten, wenn es auf der Bühne zu grobschlächtig zugehen sollte. Als dritter Verwendungszweck können leere Säcke zur Aufbewahrung von Mänteln und Jacken dienen – sodass der Gang zur Garderobe hinfällig wird. Dadurch könnte man nach Verhallen des Applauses (falls es einen gibt) ohne Verzögerung das Weite suchen. Als Kuscheldecke eignen sich die meisten Säcke eher weniger. Sind die Säcke hingegen voll, so gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder sind es Platzhalter, die der Intendant, um die Besucherbilanz aufzupolieren, hinstellen liess – oder es handelt sich um echte Menschen, die wegen eines Trauerfalls in Sack und Asche gehen, oder es sind Rekruten, die den Sackbefehl des Feldwebels zu wörtlich genommen haben.

Volkstümliches ist bei Kartoffeln übrigens tatsächlich sehr beliebt, man denke nur an die berühmte Patatli-Polka des Komponisten H. Stock oder den Härdöpfel-Schottisch der Gebrüder Roesti. Die Askforce ist überdies seit einiger Zeit im Besitz von beglaubigten Zeugenaussagen, wonach auch in Bern Kartoffeln immer wieder im Ausgang gesichtet werden. Häufig befinden sich die Kartoffeln dabei im frittierten Aggregatzustand. Ebenso schnell wie sie auftauchen, verschwinden sie jedoch meist auch wieder. Die Polizei verzichtet normalerweise auf Vermisstanzeigen – weil es so häufig vorkommt.

Der Askforce liegt es fern, den Kartoffeln bei der Gestaltung ihres Ausgangs irgendwelche Ratschläge erteilen zu wollen. Wir denken an das Volkslied «Geh aus, meine Kartoffel, und suche Freud», das den liberalen Ansatz sehr gut beschreibt, den wir immer vertreten haben. Jede Kartoffel soll nach ihrer Fasson selig werden, die einen in der Hurde, die zweiten in der Pfanne, die dritten im Sack und die vierten in der Bar. Es bleibt aber eine traurige Tatsache, dass im Ausgang viele Kartoffeln unwiederbringlich verloren gehen.

Bei ausländischen Kartoffeln ist das Verhalten ähnlich. Der Ausgang liegt ihnen im Blut. Sobald sie geerntet sind, werden sie zu tollen Knollen: Kein Geschirr und kein Gefäss ist vor ihnen sicher, häufig kommt es zu einem regelrechten Auflauf. Es gibt aber doch nationale Eigenheiten, auf die es sich hinzuweisen lohnt. Während britische Kartoffeln als sehr «outgoing» (Brexit!) gelten, sind spanische Kartoffeln eher reserviert (meist für Tortillas).

Askforce Nr. 796,
27. Februar 2017