Die Zeit ist günstig: Niemand muss die Zeit mit Wässern des eigenen Einfamilienhausrasens verplempern. Die gutbürgerlichen Grünflächen sind angesichts der Dauerberieselung nicht nur satte, sondern de facto unbenutzbare Feuchtgebiete. Das schafft Freizeit, die sich beispielsweise abbauen lässt, indem man via Bildschirm auf andere Grünflächen starrt, auf denen prallwadige Recken einem Ball nachrennen oder nachhechten.

Frau D. W. aus dem fernen Lausanne im einst bernischen Untertanengebiet Waadt ist punkto Grünflächen übrigens eine aufmerksame Zeitgenossin. Ihr ist nicht entgangen, dass die Uni Osnabrück eine Professur für Rasenmanagement ausgeschrieben hat. Wir zitieren aus der Stellenausschreibung: «Mit der Einrichtung der Stiftungsprofessur ‹Nachhaltiges Rasenmanagement› an der Hochschule Osnabrück erhalten Studierende die Möglichkeit, sich intensiv dem Thema Rasen und all seinen Facetten in einem speziellen Masterprogramm zu widmen.» Frau W. fragt uns – vielleicht weil sie schon so lange keinen wirkliche Grünfläche mehr betreten hat – was denn ein Rasenmanager eigentlich mache?

Um dem Thema die Banalität abzustreifen, muss man sich zuerst vergegenwärtigen, was ein Rasen ist. Was einfache Gemüter «Rasen» nennen, ist in Tat und Wahrheit – etwas Konzentration bitte! – «eine anthropogene und nichtlandwirtschaftliche Nutzungen erfüllende Vegetationsdecke aus einem Spektrum einkeimblättriger Pflanzen». Der Rasenmanager ist demzufolge «die mit weitgehender Verfügungsgewalt und Entscheidungsbefugnis ausgestattete, leitende und für die Pflege und den Unterhalt anthropogener und nichtlandwirtschaftliche Nutzungen erfüllender Vegetationsdecken zuständige Fachkraft».

Im Mittelalter, also vor 1975, hätte man eine solche Persönlichkeit wohl noch Parkgärtner oder Platzwart genannt. Aber die inzwischen viel genauere und würdigere Umschreibung des professionellen Tuns ist nur natürlich: Seit wir wissen, dass sich das Universum unablässig ausdehnt, dehnen sich auch viele irdische Egos permanent aus – ausgehend von der Ahnung, ohne die eigene Aufblähung in einem unerträglichen Vakuum zu enden. In Kürze wird Ihnen also kein Zeitungsverträger mehr den «Bund» in den Briefkasten stecken, sondern «ein/eine Distributionsexperte/ Distributionsexpertin Fachrichtung Printmedien mit hoher Periodizität».

Zurück zur Schlüsselfrage: Was tut der Rasenmanager eigentlich? Er versucht, die fachlichen Leistungen zu erbringen, die wir sonst primär dem Schaf zutrauen, diesem vermutlich von der Schöpfung dem Rasenmanagement zugedachten Geschöpf:

– Permanente Limitierung des Längenwachstums einkeimblättriger Pflanzen (Schaf frisst regelmässig Gras).

– Nachhaltige Verbesserung des Untergrunds durch permanentes Vertikutieren (Schaf trippelt paarhufig dahin).

– Zufuhr von das Pflanzenwachstum günstig beeinflussenden Nährstoffen (Schaf düngt sein Umfeld).

Ein grosser Unterschied zwischen Schaf und Rasenmanagement lehrenden Professoren bleibt auf jeden Fall: Schäfchen zählen bringt tiefen Schlaf, Professörchen zählen bringt nichts.

Askforce Nr. 763
20. Juni 2016