Ist sich das Publikum überhaupt bewusst, mit welcher Sorgfalt die Askforce jeweils ihre Antworten prüfen muss? Ein Beispiel: Kürzlich debattierte die Askforce über die knifflige Frage, ob man das Adjektiv polochtig in einer seriösen Zeitung verwenden darf. Das Wort gehört zwar ohne jeden Zweifel zum mundartlichen Wortschatz. Aber als Folge von Sprachwandel und Sprachverarmung wissen die wenigsten, was das Wort bedeutet. Für die in Standardsprache Sozialisierten mag polochtig sogar irgendwie unanständig klingen. Die Askforce kommt deshalb zum Schluss: Man kann dem Sprachwandel und Sprachverarmung auch allzu gelassen begegnen, denn wenn die Bedeutung von Wörtern nicht mehr eindeutig ist, kann dies brandgefährlich, ja lebensgefährlichen werden. Doch. Es ist so.
Stellen Sie sich beispielsweise vor, die Askforce riete an dieser Stelle, auf allzu xenophobe und scharfmacherische Propaganda aus dem PR-Stübchen der SVP «am besten mit Abfackeln» zu reagieren. Was wäre die Folge? Der Askforce würde vorgeworfen, idiotischerweise zu Gewalt aufzurufen. Und vermutlich wäre die standesamtliche Füsilierung mit nachfolgender Vierteilung unausweichlich (oder wahlweise die Guillotinierung mit einem polochtigen Kartoffelsack über dem Kopf).
Das wäre deshalb schmerzhaft, weil die Hinrichtung die Folge von Sprachunkunde wäre. Abfackeln heisst eben nicht, etwas zwecks Zerstörung anzuzünden. Abfackeln ist ein Verb aus der chemischen und erdölverarbeitenden Industrie und bedeutet das gefahrlose und möglichst rückstandsfreie Verbrennen austretender, entzündlicher Gase. Wir alle kennen die Bilder von den hohen Kaminen auf den Erdölfeldern, an deren Kopfende die Fackel brennt. So wird verhindert, dass sich irdische Ausdünstungen in Übermengen ansammeln und dann mit womöglich grosser Schadensfolge explodieren.
Wer also zum Abfackeln besonders entzündlicher und explosiver Sprachblasen rät, rät dazu, das Ausgesonderte ganz schadlos verpuffen zu lassen, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu giessen und auch nicht die Redefreiheit einzuschränken. Also: alles in allem ein Ausdruck von pragmatischer und patriotischer Mitverantwortung und typisch schweizerischer, weil friedensliebender Grundhaltung.
Askforce Nr. 531
3. Oktober 2011