Es ist eine Frage, die einen am Ende zu Boden gehen lässt: «Weshalb haben wir linke und rechte Füsse», will Herr Adrian H. aus Wichtrach wissen.
Herr H. zählt in seiner Zuschrift Vorteile auf, die sich ergäben, wenn es nicht so wäre: «Nie mehr mit dem linken Fuss aufstehen.» «Kein ‹L› und ‹R› auf den Socken.» Herr H. schliesst mit folgenden Worten: «Liebe Askforce, wo ist das Problem? Klärt auf!»
Schon auf den ersten Blick wird ein verzwickter Dreh ersichtlich: Selbst wenn es im Sinn von Herrn H. keine linken und rechten Füsse gäbe, hätte man trotzdem einen linken und einen rechten Fuss.
Die beiden Füsse sähen aber – wie die Hufe bei Pferden – gleich aus. Wohin das führte, lässt sich beim Ballett beobachten. Bei den Spezialschuhen für den Tanz auf den Zehenspitzen unterscheiden sich der linke und der rechte Schuh nicht.
Letztlich geht es um Symmetrie. Füsse kann man gegeneinander spiegeln und so zur Deckung bringen. Allein diese Tatsache ist staunenswert: Wie ist es möglich, dass ein Körper Teile «bauen» kann, die je auf ihrer Seite wachsen – wie Beine, Füsse, Arme, Hände, Ohren und Augen – und die am Ende gleich aussehen? Nur einfach seitenverkehrt.
Die Sache mit den verkehrten Seiten hat es überhaupt in sich: Ist Ihnen bei Video-Meetings auch schon aufgefallen, dass das Bild, das Sie von sich selber auf dem Monitor sehen, gespiegelt ist, die Bilder der anderen aber nicht? Und haben Sie sich nicht auch schon darüber gewundert, dass Sie sich im Spiegel seitenverkehrt sehen, während die Spiegelung am Oben und am Unten nichts verändert?
Bleibt die (schwierige) Frage nach dem Warum. Vermutlich unterscheiden sich unsere Füsse, weil wir Lebewesen sind, die sich vorwärtsbewegen können. Wären wir Bäume, hätten wir Wurzelfüsse, die alle mehr oder weniger gleich aussehen. Aber für unsere kriechenden Vorfahren war es bestimmt ein Vortriebsvorteil, dass die erdzugewandte Seite der Extremitäten allmählich stärker wurde.
Sie können das selber austesten, Herr H.: Legen Sie sich bäuchlings auf einen Teppich, drehen sie die Füsse nach aussen und versuchen Sie, vorwärtszukommen. Müssen Sie nicht zugeben, dass es gut ist, auf beiden Seiten einen grossen, kräftigen Zeh zu haben, mit dem Sie Bodenkontakt herstellen können.
Askforce Nr. 1022
30. Mai 2022