Immer häufiger begegne er dem Trendwort «absolut», klagt Patric H. aus Bern. Kaum eine Sportübertragung vergehe, ohne dass Expertinnen und Experten darauf zurückgriffen. Und sogar die Askforce habe es verwendet, «als sie mich zum Kauf eines ‹absolut druckfrischen Exemplars› ihres Buches animierte», schreibt Herr H. Letzteres stimme ihn aber auch zuversichtlich. Denn so habe er Gewähr, für «Erklärungen über den Mehrwert dieses Wortes an der richtigen Adresse zu sein».

Nicht nur dafür, werter Leser, glauben Sie uns. Die Askforce ist in jedem Fall die richtige Adresse. Handelt es sich doch bei ihr um eine absolute Fachinstanz für alles. O Mist, jetzt ist uns schon wieder ein «absolut» reingerutscht. Mit Modewörtern ist es halt so eine Sache. Sie nisten sich ins Vokabular ein, als sprachliches Äquivalent des Ohrwurms. Beides kriegt man nur schwer wieder weg. Allerdings hängt beides auch zusammen und lässt auf die Generation schliessen.

Bringt ein Mitmensch etwa «Cheri Cheri Lady» von Modern Talking nicht mehr aus dem Gehörgang, wurzelt er tief im 20. Jahrhundert. Er wird zugleich «Ja, absolut» sagen, wenn er starke Bestätigung ausdrücken möchte. Und «ein absolut lustiger Text», wenn er etwas Geschriebenes für kaum mehr steigerbar hält. Warum? Weil jemand Jüngeres eher «Ja, voll» und «voll der lustige Text» verlauten liesse.

Auch sonst ist vieles relativ. Acht mögliche Bedeutungen nennt der Duden für «absolut», vom physikalischen absoluten Nullpunkt (-273,15 °C) über das philosophische absolute Sein (rein, beziehungslos, für sich betrachtet) bis zur politischen absoluten Monarchie (Alleinherrscher). Zu ergänzen wäre vielleicht noch die alkoholische Absolut-Variante (Wodka aus Südschweden).

Wir finden, das ist Mehrwert genug. Das Wort «absolut», das Herrn H. so auf den Keks geht, muss sich nicht verstecken. Auch wenn es da und dort in erwachsener Blähsprache ausgebeutet wird, als Opfer gegenwartstypischer Diskursmechanismen mit Hang zu Superlativen, in denen kein Platz mehr ist für Zweifel und Differenzierung – wovon sich die Askforce natürlich distanziert.

Bleibt der unverkennbare Wille von Herrn H., sich sprachlich irritieren zu lassen. Wir schlagen vor, die kritische Energie auf das Urbane-Sozialarbeiterinnen-«Wie» umzulenken: «Das macht mich wie betroffen.» Denn da fehlt der Mehrwert nun wirklich absolutestens.

Askforce Nr. 1011,
14. März 2022