Die Askforce setzt sich gerne mit Redensarten auseinander, darum erteilen wir Frau S. aus K. das Wort, die uns schreibt, dass man von reichen Menschen auch zu sagen pflege, dass sie gut betucht seien. «Ich besitze jede Menge Leintücher, Nastücher, Geschirrtücher, Handtücher, Frotteetücher etc. etc., aber reich, im Sinne von viel Geld, bin ich nicht. Oder doch?»

Wir geben auf diese Frage mit Überzeugung die Antwort: Doch, Sie sind reich. Denn Sie schreiben ja, Sie seien nicht im Sinne von viel Geld reich. Daraus folgern wir, dass Sie sich in anderem Sinne reich fühlen: reich an Erfahrung, reich an Weisheit oder eben reich an Tüchern. Schauen wir bei uns in den Schrank, so sind wir nicht einmal sicher, dass wir von allen Tuchgattungen, die Sie aufzählen, überhaupt ein Exemplar besitzen, während Sie den Plural verwenden und diesen noch mit dem Zusatz «jede Menge» potenzieren. Haben Sie schon einmal versucht, diese Tücher zu Geld zu machen? Kennen Sie das geflügelte Wort der Tocharer, die an der Seidenstrasse gelebt haben sollen: «Gut betucht ist halb begütert»? Eine andere Möglichkeit wäre, die Frotteetücher in den Bächen, die vom Napf herunterströmen, aufzuspannen. Im Altertum hat ein ähnliches Vorgehen mit Schaffellen den griechischen Mythos vom Goldenen Vlies begründet. («Ohni Vlies ke Priis», heisst es im Emmental.)

Ein Wort noch zum Ausdruck «gut betucht» selber: Das Wort «betucht» hat leider nichts mit Tüchern zu tun, stammt es doch aus dem Jiddischen und bedeutet «sicher, vertrauenswürdig». Uns sind Sie, verehrte Frau S., als sehr vertrauenswürdig erschienen (nicht in erster Linie wegen der Tücher), sodass wir Ihre Frage sehr speditiv einer Beantwortung anheimgestellt haben.

Erlauben Sie uns noch eine persönliche Bemerkung. Sie haben Ihre Anfrage am 29. Mai geschickt. In der Aufzählung haben Sie, das fällt uns jetzt auf, Badetücher nicht erwähnt. Zukünftige Generationen werden aufgrund dieser Unterlassung korrekterweise darauf schliessen, dass der Sommer 2016 bisher kaum zum Baden einlud – zu kalt und zu nass. Man muss schon ganz dick betucht in die Badeanstalt gehen, um sich nicht eine schlimme Erkältung oder gar den Tod zu holen. Bedauerlicherweise gibt es nun Leute, die aus dieser Wettermisere Profit in Form von billigen Witzen ziehen. Der Sommer sei nicht gar so schlecht, sagte einer: Er präsentiere sich immerhin wie aus einem Guss.

Askforce Nr. 762,
13. Juni 2016