Der Gänsesäger und die Grenzen der Regulierung
«Man kann vieles regulieren: die Temperatur, die Drehzahl, die Emotionen», schreibt Werner T. aus Rüfenacht einleitend zu seiner Frage an die Askforce.
Noch bevor wir zur eigentlichen Frage selbst vordringen, müssen wir an dieser Stelle bereits ein erstes Mal unterbrechen. Die Askforce beobachtet mit Sorge, dass Frager:innen ihre Zuschriften vermehrt mit einer abstrakten Feststellung wie: «Man kann vieles regulieren», einleiten. Vermutlich tun sie das in der Absicht, einen gemeinsamen Ausgangspunkt zu schaffen, ja: sich gewissermassen bei der Askforce einzuschleichen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn die Feststellung zutrifft.
Bei Herrn T. ist das nun aber leider nur halbwegs der Fall. Nehmen wir drei eingängige Beispiele wie etwa das Weltklima, die Erdumdrehungen und Jacqueline Badran, um Herrn T. vor Augen zu führen, dass man die Temperatur, die Drehzahl und die Emotionen oft eben gerade nicht regulieren kann. Die Welt ist komplizierter als ein Heizungsradiator oder ein Akkubohrer. Und Baldriantropfen fallen nicht nur bei Frau Badran auf einen heissen Stein.
Es ist eine Erkenntnis, die wir auch der Umweltkommission des Ständerats zurufen möchten. Diese will den Gänsesäger «gezielt regulieren», wie Herr T. erfahren hat. Er schreibt: «Mich interessiert die Mechanik: Wo befinden sich beim Gänsesäger die Stellschrauben oder Ähnliches, mit denen er sich gezielt regulieren lässt?»
Damit alle wissen, von wem hier die Rede ist: Der Gänsesäger ist jener Entenvogel mit zurückgekämmtem, leicht ausfransendem Kopfgefieder, der im Sommer knapp über der Aare fliegend zwischen den Gummibooten durchpfeilt. Beim Männchen ist die Frisur schwarz-grün schimmernd, beim Weibchen rot-braun. Wie kann nun also dieser Gänsesäger reguliert werden, wie das Herr T. und mit ihm die stände-rätliche Umweltkommission wissen wollen?
Nun, es ist ganz einfach: Man geht dem Gänsesäger an die Eier.
Womit wir ein zweites Mal unterbrechen müssen. Sollen wir das hier so schreiben? Was passiert jetzt in den Köpfen unserer Leserschaft? Nesteln sie geistig schon im hinteren, unteren Körperbereich des schwarzköpfigen Gänsesägerichs im Deck-gefieder und googeln gleichzeitig nach Youtube-Tutorials «Vasektomie beim Gänse-säger, so knoten Sie richtig»? Oder haben Leser:innen korrekt abgezweigt und sind nun mit dem Wildhüter oder aufgebrachten Fischern unterwegs, um im Frühjahr kleine Löcher in die Gänsesägereier zu stechen und so das Gedeihen der kleinen Sägerlein pränatal zu sabotieren? – Wir wissen es nicht. Der Gedankengang unserer Leser:innen verläuft unreguliert, genau wie bei Ständerät:innen.
Übrigens, lieber Herr T: Nein, der Gänsesäger sägt nicht besser, wenn man ihn reguliert, wie Sie auch noch wissen wollten. Und er sägt auch keine Gänse.
Askforce Nr. 1213
15. Dezember 2025