Tja, der Berner Marsch! Die Askforce hatte es längst geahnt, dass auch sie in dieser delikaten Causa angerufen werden würde. Jetzt ist es so weit. Frau S. A. wundert sich über die desig­nierte Grossratspräsidentin Ursula Zybach, die von sich sagt, sie wolle beim Berner Marsch künftig zwar aufstehen, sie werde aber mit der Seele nicht dabei sein. Frau S. A. macht sich seelsorgerische Sorgen: «Wenn die Grossratspräsidentin in diesem Sinne aufsteht, wo bleibt dann ihre Seele, die ja im Augenblick des Aufstehens nicht mit dabei ist?»

Die Askforce ist erleichtert, dass sie sich auf diese Detailfrage beschränken darf. Sie kann somit die Frage beiseitelassen, wie bernisch dieser ursprünglich wohl preussische Marsch überhaupt ist. Sie muss nichts zur Frage sagen, ob es eine gute Idee ist, eine Melodie zu trällern, deren dazugehöriger und angeblich unbekannter Text so mordlustig ist. Wir dürfen also auch auf die bissige Bemerkung verzichten, dass ja auch niemand auf die Idee käme, die flotte Melodie des Horst-Wessel-Lieds zu summen, obwohl auch da – hoffentlich! – gilt: Wir kennen den Text nicht.

Annehmen muss sich die Askforce also nur der Frage: Wo bleibt Frau Zybachs Seele, wenn sie zu einem Marsch, von dem sie weiss, dass er keine Hymne ist, so ehrerbietend aufsteht, als ob sie meinte, er sei halt doch eine Hymne? – Bei der Antwortsuche ist zunächst zu beantworten, wo denn die Seele überhaupt sitzt. Bei seriösen Sozialdemokratinnen sitzt sie vermutlich am rechten Fleck, also links. Und links liegt das Herz. «Ein Herz und eine Seele»: Diese körpergeografische Überlagerung kennen wir ja aus einschlägigen und besonders sozialdemokratisch – respektive sozialistisch – ge­prägten Bibelstellen, siehe Apostel­geschichte 4,32: «Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.»

Wenn Herz und Seele ineinander liegen, dann befindet sich also die Seele beim sitzenden Menschen im Mittel etwa 0,9 Meter über Boden. Erhebt sich besagter Mensch zum Berner Marsch, ohne dass die Seele die Aufstehbewegung mitmacht, verharrt diese ergo auf etwa 0,9 Meter über Boden. Bei mittelwüchsigen Menschen ist dort der Hosenbund.

Die Seele rutscht bei diesem Vorgang also gewissermassen in die Hose. Was interessant ist: Von einem Höseler – Höselerinnen mitgemeint – spricht man aber nur dann, wenn das Herz in die Hose rutscht. Bleibt das Herz oben und die Seele unten, tut man also etwas unbeseelt und wider die eigene Überzeugung, nennt sich dies «politisch klug» oder «mit Sinn fürs Realistische».

Merkwürdig ist übrigens, wie sich beim Grübeln übers Thema plötzlich all die ewiggestrigen, kämpferischen Klänge vermischen: Träm, träm, träderidi, la la la lallala la la la, Lue wie üser Schütze mäje, la la la lallala la la la,  Reinen Tisch macht mit dem Bedränger!  La la la lallala la la la,  Die Reihen dicht geschlossen,  La la la lallala la la la, Todtechörnli tüe si säje, la la la lallala la la la,  Zum Kampfe steh’n wir alle schon bereit!  La la la lallala la la la, Bis zum Tod muess gstritte sy!

Askforce Nr. 807,
22. Mai 2017