Demoverbot,irgendwie, irgendwo.

Etwas gar aufgeregt schreibt uns ein Bruno B. aus dem weiterhin unabhängigen Ostermundigen: «Ich habe irgendwo gehört oder gelesen, dass der Berner Polizei­direktor – vielleicht Albisetti? – bis Weihnachten sämtliche grösseren Demos verbieten will. Kommt das gut?»

Mit Verlaub: «Irgendwo gehört oder gelesen» ist eine maximal unzuverlässige Quelle und noch lange kein Grund, die Askforce zu amerdieren, es sei denn, Bruno B. wünscht nur so irgendwie irgendeine Antwort. Das können wir ja dieses eine Mal auf die Schnelle versuchen.

Nun denn: Das Berner Verbot ist irgendwie vielversprechend. Jede grössere Demo verbieten hiesse ja auch: die tägliche Grossdemo des motorisierten Individual­verkehrs zu unterbinden, der Dauerdemo des enthemmten Adventsshoppings den Riegel zu schieben, die demonstrative Zusammenkunft der eidgenössischen Eitel­keiten – also die Wintersession – abzusagen, die Demoszene der Glühwein­fixer:innen rasch auf 0,0 Promille zu setzen und rechtzeitig Schranken gegen die alljährliche Zwiebelzopfinvasion zu errichten und – irgendwie – so weiter.

All das ist auf den ersten Blick nicht ohne Reiz. Es verspräche vorweihnächtliche Romantik, Stille, Entschleunigung, Besinnung. Gleichwohl wäre es irgendwie auch beklemmend. Der stadtbernische Polizeidirektor, der nach unserem Kenntnisstand übrigens seit 1992 nicht mehr Albisetti heisst, müsste mindestens einzelne Aus­nahmen in Erwägung ziehen. Er könnte etwa die sich oft hinter Schaufensterglas abspielenden und sehr diskret erfolgenden, lautlosen Aufmärsche all der Krippen­figuren gutheissen. Hier Ochse, Esel, Schafe, Lämmer, etwas Herdenschutzpersonal mit Herdenschutz­hündlein; da Maria, Josef und Klein-Jesus im Krippelein; dort drei Royalisten und ein Strohstern an einem Bindfaden über dem Ganzen; und viel Lametta.

Doch, doch, auch diese sehr diskreten Demos sind brisant. Krippen sind immer auch ein Appell gegen die Wohnungsnot. Es kann ja nicht sein, dass Ställe zu Notschlafstätten werden! Krippen erinnern aber immer auch an einen freudigen Moment vor den Toren Bethlehems – Bait Lahm, Bet Leḥem –, also im alten Judäa respektive halt auch gleichzeitig im palästinensischen Westjordanland. Die Grenzen waren damals nicht wirklich das Problem. Und der Weg über die Grenzen – zum Beispiel der Trip des Bauhandwerkers Josef von Nazareth nach Bethlehem – nicht wirklich schwierig. Irgendwie sind Weihnachtskrippen demonstrativ friedlich.


Askforce 1099-2
13. November 2023