«Können Sie bitte das Helvetiadenkmal deklinieren?» Das fragt recht fordernd Frau Maya aus Bern. Sie glaubt sich nämlich zu erinnern, die Askforce habe vor einiger Zeit in einem Interview mit einem flotten Berner Onlinemedium beteuert, das Schlendern über den Helvetiaplatz vor Berns Historischem Museum könne einen luziden Fragemodus auslösen. «Darum meine Frage!», sagt Frau Maya sec.

Wir sind aber unsicher, ob Frau Maya tatsächlich «deklinieren!» fordern wollte. Meinte sie vielleicht defibrillieren, destabilisieren, destruieren oder dekan­tieren? Wir versuchen es mit dem Dekantieren. Dekantieren wir das Helvetia­denkmal sorgfältig, erhalten wir als Dekantat ein Sediment aus zwei Bestandteilen:
1 Denkmal + 1 Helvetia.

Der Bestandteil Helvetia löst sich allerdings rasch in praktisch nichts auf und belegt damit, dass Helvetia ein primär ätherisches Wesen ist, etwa so, als stünde sie ganz am Ende einer hochpotenzierten homöopathischen Verdünnungsreihe. Deshalb nehmen wir vernünftigerweise den Bestandteil «Denkmal» genauer unter die Lupe. Und da, Frau Maya, wird der Unsinn ihrer Frage klar: Sorry, es gibt auf dem Hel­vetia­­platz kein Helvetiadenkmal. Das 1922 eingeweihte Monument ist das Welt­­­-tele­grafen­denkmal, eine supermassive Erinnerung an den 1865 gegründeten Welt­telegrafenverein, eine Ode aus Stein und Bronze an die Fernschreiber:innen-Zunft.

Früher war es nämlich so: Man ging aufs Amt, und eine Amtsperson tippte die von uns gewünschte Nachricht in den Fernschreiber – und in ferner Ferne schrieb ein anderer Fernschreiber die Nachricht – zum Beispiel – auf einen Papierstreifen.
Die Älteren unter uns erinnern sich zudem vielleicht, wie sie in ihrer Jugend per Morsetelegrafie chatteten: -.. .- …  / .– .- .-. . -.  / -. — -.-. ….  / –.. . .. – . -. ! Und
die Uralt-Seebären unter uns texteten früher womöglich mit bunten Flaggen oder Signal­lam­pen – optische Telegrafie! – Nachrichten fürs Begleitschiff am Horizont.

Was nun, Frau Maya? Was sollen all die harfenspielenden Fernmelde­telegraf:innen auf ihrer Wolke denken, wenn Sie hienieden um ein angebliches Helvetiadenkmal herum irrlichtern? Sie machen so aus dem Denkmal ein Undenkmal, ein Mahnmal für statt gegen das Vergessen.

Busse tun können Sie, indem Sie erkennen, wie aktuell und lebensnah das Welt­telegrafendenkmal immer noch ist! Laden Sie alle Ihre Freundinnen ein, vor Ort ein Selfie zu machen und dieses mit allen in der Ferne zu teilen. Auf dem Bild sähe man dann irgendein monumentales Bauwerk – und hyperaktive Fern­schrei­berinnen von heute. Auf dem Helvetiaplatz steht also das Denkmal für Sie und Ihresgleichen.

 

Askforce Nr. 1073
15. Mai 2023