«Können Sie bitte das Helvetiadenkmal deklinieren?» Das fragt recht fordernd Frau Maya aus Bern. Sie glaubt sich nämlich zu erinnern, die Askforce habe vor einiger Zeit in einem Interview mit einem flotten Berner Onlinemedium beteuert, das Schlendern über den Helvetiaplatz vor Berns Historischem Museum könne einen luziden Fragemodus auslösen. «Darum meine Frage!», fügt Frau Maya sec an. Wir kommen dem klaren Wunsch gerne nach, ebenfalls eher sec:

Kasus                Singular                              Plural

Nominativ        Das Helvetiadenkmal         Die Helvetiadenkmäler

Genitiv              Des Helvetiadenkmals       Der Helvetiadenkmäler

Dativ                 Dem Helvetiadenkmal       Den Helvetiadenkmälern

Akkusativ         Das Helvetiadenkmal         Die Helvetiadenkmäler

Fertig dekliniert! Wir fürchten freilich, diese Antwort stelle Frau Maya nicht wirklich zufrieden. Wir sind sogar unsicher, ob sie tatsächlich «deklinieren!» fordern wollte. Meinte sie vielleicht derangieren oder dekantieren?

Wir versuchen es mit dem Dekantieren. Wenn wir also das Helvetia­denkmal sorgfältig beugen – beugen! Synonym für deklinieren! – und alles Über­flüssige abgies­sen, erhalten wir als Dekantat ein Sediment aus zwei verschiedenen Stoffen:
1 Denkmal + 1 Helvetia. Nehmen wir nun das Helvetia-Sediment unter die Lupe, so fällt auf, wie flüchtig es sich im Gegensatz zum Denkmal-Sediment verhält: Zunächst scheint es so, als ob Helvetia ein neulateinischer, keltisch angehauchter Vorname wäre. Aber absolut zeitgleich wird klar, dass es sich nicht wirklich um einen Vornamen handeln kann, denn Helvetia heissen mag niemand.

Der Beleg: Die Vornamenstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) weist aktuell 77’700 Marias, 40’300 Annas und 34’800 Sandras aus. Der Vorname Helvetia verblasst völlig fern von diesem Spitzentrio auf der Tabellenposition Nr. 51’171. In der Schweiz tragen gemäss BFS insgesamt vier menschliche Wesen den Vor­namen Helvetia, also gleich viele wie heute Nothburga, Uemmühan und Xhylfidane gerufen werden.

Ein die Nation prägender Vorname. Und niemand will ihn tragen. Das ist ein spannender Aspekt schweizerischer Gegenwart und zwingt zu Vorsicht. Angemes­sen vorsichtig agierten politisch aktive Frauen 2018, als sie die Aktion «Helvetia ruft!» ins Leben riefen. Es reagierten Zehntausende, die den Ruf des fluiden Wesens gehört haben wollten. Hätte die Aktion «Ruft Helvetia!» geheissen, ja, dann wären – falls der Ruf alle erreicht hätte – maximal deren vier aufgetaucht.

Askforce Nr. 1072
15. Mai 2023