Darf man einenSportwagen überhaupt «Sportwagen» nennen?

«Darf man», fragt Mathias aus dem Aaretal, «darf man einen Sportwagen überhaupt ‹Sportwagen› nennen?» Die Askforce ist entzückt. Endlich wieder einmal eine gradlinige, schnörkellose Frage. Ohne Kommata. Ohne mitgelieferten Vor­schlag für die Antwort. Nichts ausser einer guten Frage.

In unserer Dankbarkeit möchten wir Herrn Mathias zunächst von einer allfälligen Sorge befreien: Herr Mathias, man darf, Sie dürfen! Sie dürfen Ihren Hund einen «Hund» nennen. Sie dürfen ihren Coiffeur als «Coiffeur» bezeichnen. Sie dürfen das Bier in Ihrem Glas als «Bier» beschreiben. Und genau gleich verhält es sich mit dem Sportwagen. Ihnen ist die grosse Freiheit gewährt, Dinge beim Namen zu nennen. Sie dürfen sogar einen Krieg einen «Krieg» nennen und müssen nicht ausweichen auf «Spezialoperation».

Das zu wissen, ist wichtig. Wenn nun nämlich einer mit seiner tiefer­gelegten Karre durch Ihr Wohnquartier brettert, können Sie die Sachlage exakt so benennen, wie sie ist: Idiot brettert mit Karre durch Wohnquartier. Sie müssen nicht von «Spezialtransport» oder «sportlicher Fahrweise» oder «Sport­wagen» faseln.

«Sportwagen» wäre in diesem Fall sowieso katzfalsch. Sportwagen sind nämlich extrem selten. Von ihnen ist nur dann die Rede, wenn es darum geht, in einem Wagen Sport zu wagen. Nein, bitte denken Sie jetzt nicht an Wagensport, also zum Beispiel an römische Recken, die gut gebräunt im Circus Maximus herum­spörteln, bis Ben Hur alles in Grund und Boden pflügt. Ein Sportwagen ist nämlich – anders als der Wagensport – keine Sportart. Ein Sportwagen ist nur ein Hohlkörper.

Wer das nicht auf Anhieb versteht, kann es herleiten: Am besten stellen Sie sich zunächst eine Turnhalle oder ein Schwimmbecken vor. «Turn» und «Schwimm» beschreibt die Tätigkeit, «halle» und «becken» den Ort oder das Behältnis, in dem geturnt oder geschwommen wird. Halle und Becken bewegen sich dabei nicht. Der Sportwagen ist gleich zu verstehen: Ein Behältnis in Form eines Wagens, in dem Sport ausgeübt werden kann, was ein schöner Kontrast ist zu den Deppen, die Wagen einsetzen, um durchs Quartier zu brettern. 

Sport im Sportwagen wird allerdings eher selten gewagt. Denn die Platzver­hältnisse sind hier viel enger als in der Halle oder im Becken. Sport­wagen eignen sich etwa für Kontorsionistinnen wie Schlangenfrau Nina Burri. Alle anderen nehmen besser das neue Berner Tram mit seinen schönen Reckstangen und dem weiten Auslauf.

Askforce Nr. 1104
18. Dezember 2023