Im Nachgang zur Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative teilt uns Frau Emine A. aus B. mit, sie sei als «dankbare Gattin eines aufrechten Schweizers bestens integriert» – und ärgere sich entsprechend über «den Türken Müslüm», der sich mit seinem Samichlaus-Song («Bund» vom 30. November 2010) über den Volksentscheid lustig mache. Sie frage sich, ob diese Form von Aufhetzung nicht schon ausreichen müsste, Müslüm jetzt «endlich» auszuschaffen.

Ein delikates Thema! Trotzdem hat die Askforce sorgsam untersucht, ob der Vorschlag von Frau A. halbwegs nachvollziehbar ist. Die Antwort lautet: Ja. Rein musikalisch gesehen ist der singende Samichlaus zwar eher kein Verbrecher. Zieht man hingegen in Betracht, wie sehr der Samichlaus ganz generell den juvenilen Volkskörper durch die übermässige Zufuhr von Süssigkeiten schädigt (Karies, Fettleibigkeit), ist es denkbar, ihm wiederholte, vorsätzliche Körperverletzung anzulasten. Das Züchtigungskonzept des Samichlaus (Rute) lässt zudem den dringenden Verdacht zu, hier liege ein Fall von vielfach begangener Kindsmisshandlung vor. Der gewerbsmässige nächtliche Einsatz von Lasttieren verstösst zudem gegen schweizerische Tierschutzvorstellungen. Vor allem aber durchbricht der Samichlaus den Schutzwall der Personenfreizügigkeit: Der in Antalya Gebürtige – wir erinnern uns an Nikolaus, Bischof von Myra, 4. Jahrhundert – darf hierzulande nicht einfach so mir nichts, dir nichts als Selbstständigerwerbender auftreten.

So gesehen, entbehrt der Vorschlag von Emine A., den Fall durch Ausschaffung zu lösen, nicht einer gewissen Gradlinigkeit. Natürlich könnte sich der Samichlaus durch Einbürgerung dem Verdikt entziehen. Aber die Schlagzeile, dies zu verhindern, ist bereits geschrieben: «Samichlaus M., Kindsmisshandler – bald Schweizer?»

Erschwerend ist, dass Samichlaus Müslüm eine Kunstfigur ist. Er hat losgelöst von seinem Schöpfer Semih Yavsaner keine Handlungs- und Schuldfähigkeit. Gut, man könnte Yavsaner gleich mit ausschaffen, weil er sich die Bestie ja ausgedacht hat. Was sagen wir aber samichlausgläubigen Kindern, wenn nach der Ausschaffung («Antalya einfach für den Samichlaus») dann doch an allen Ecken und Enden rot gewandete Chläuse auftauchen? Der kindliche Glaube an die Unteilbarkeit und Einzigartigkeit des Samichlaus wäre definitiv zerstört. Vermeiden liesse sich dieser Schaden nur, wenn nebst dem Duo Müslüm/Yavsaner gleich alle Samichläuse ausgeschafft würden. Sippenhaft wäre dies nicht, nur «kollektive Mitverantwortung».

Askforce Nr. 492
6. Dezember 2010