Wir zitieren die Anfrage von A. Z. aus B. ungekürzt: «Am Sonntag kam ich, im Marzili in der Sonne liegend, endlich dazu, den ‹Bund› vom Donnerstag zu lesen. Unter dem Bild zum Artikel über den löblichen Umgang mit Schafherden stand der Satz: ‹Der Wolf sorgt dafür, dass Schaf und Hund im Alpenraum zur immer alltäglicheren Paarung werden.› Bitte, liebe Askforce: Wie soll ich das verstehen?»

Sie dürfen den Satz genau so verstehen, wie Sie dies wollen. Wie Sie ihn verstehen müssen, mögen wir Ihnen nicht vorgeben, schliessen wir doch aus Ihrer Anfrage, dass Sie tendenziell eher Wert auf die Freiheit der Gedanken legen.

Gleichzeitig müssen wir einräumen, dass die mit simplem Humor gesegneten Askforce-Mitglieder ob Ihrer Anfrage kurz gelacht haben. Der Begriff Paarung bedeutet ja in der Tierwelt recht oft etwas recht Eindeutiges, nämlich die körperliche Vereinigung zwecks Reproduktion der eigenen Spezies. Wir haben also Grund zur Annahme, dass es Ihnen gefallen hat, den Satz primär bildlich zu verstehen: der Wolf als Paarvermittler zwischen Hund und Schaf. Wäre dies denn besorgniserregend? Nun, solange beide einverstanden sind, ist schwerlich etwas dagegen einzuwenden, wenn der Hund dem Schaf etwas an die Wolle geht, zumal sich über die innige Liaison von Wolf und Schaf – Wolf im Schafspelz! – ja auch kein Schwein mehr aufregt. Viel relevanter ist aber, das A. Z. den Begriff Paarung eindeutig zu eindeutig versteht. Ein Paar – die Zusammenführung von zwei Individuen oder zwei Dingen – führt ja nicht zwangsläufig zur Kopulation. Nehmen wir die Socke. Der Mensch trägt sein Paar Socken nicht deshalb getrennt an zwei Füssen, weil er die Paarungslust seiner fussbekleidenden Textilie zügeln muss, sondern weil er einfach zwei Füsse hat. Das Sockenpaar als solches zeigt untereinander keinerlei libidinöse Neigung: Es ist ein Paar ohne Paarungswillen. Im Alltag wird das allein schon dadurch bewiesen, dass stets eine Socke fehlt und sie sich nie vermehrt.

Apropos Paarung: Bei Ihnen, A. Z., paaren sich ja auch Scharfsinn und verbale Ausdruckskraft. Anders wäre Ihre Frage nicht zustande gekommen. Nur: Das ist ganz in Ordnung. Beunruhigend ist eher, dass Sie den «Bund» vom Donnerstag am Sonntag lesen. Die moderne Tageszeitung wird seit 362 Jahren mit dem Zweck gedruckt und verbreitet, Sie mit Aktualität zu fesseln. Wer die Tageszeitung Tage zu spät liest, streift sich natürlich diese Fessel ab, darf sich aber unserer Meinung nach auch nicht darüber beklagen, wenn dies in der Folge beim Lesen eigene, scharfsinnige Fragen auslöst.

 

Askforce Nr. 571
13. August 2012