Begrüssungen mit Füssen treten
Die Askforce beantwortet bekanntlich eine Frage pro Woche. Diese strenge Rationierung unseres zur Verfügung gestellten Wissens ist nicht etwa auf Faulenzertum zurückzuführen, sondern soll verhindern, die intellektuelle Aufnahmefähigkeit unseres Publikums zu überlasten. Diese pädagogische Vorsichtsmassnahme hat jedoch einen Nachteil. Dadurch ist es uns nicht immer möglich, aktuelle Fragen zeitnah zu beantworten.
So liegt die heutige Frage bereits seit dem ersten Weihnachtstag des Jahres 2021 in unserem Postfach. Damals war gerade Pandemie, doch die Einsendung von Michael S. aus Bern hat bis heute nichts an Dringlichkeit verloren. Denn es geht um einen Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenlebens: die Begrüssung. Michael ahnte bereits, dass die drei Küsschen die Seuche nicht überleben werden, und er wollte schon damals wissen, durch welches rituelle Gebaren die gutschweizerische Tradition ersetzt wird.
Tatsächlich haben die drei Küsschen schwer an Popularität eingebüsst und dadurch ein unangenehmes Vakuum in der Welt der Begrüssungszeremonien hinterlassen. So kann es vorkommen, dass die eine Person auf eine Umarmung abzielt, die andere Person aber davon überrumpelt wird, weil sie von einem Händedruck ausgeht. Die daraus entstehende soziale Unbehaglichkeit wird nervös weggelächelt, während beide Personen innerlich im Boden versinken und sich fest vornehmen, künftig auf zwischenmenschliche Interaktionen zu verzichten.
Natürlich könnten wir Ihnen an dieser Stelle einen einfachen Trick verraten, durch den Sie Ihre sozialen Umgangsformen schlagartig dermassen verbessern können, dass Sie zur schillernden Lichtgestalt gesellschaftlicher Arrangements wie Gartenpartys oder Staatsempfänge werden. Doch weil wir nicht danach gefragt wurden, beantworten wir die Frage, wie üblich, möglichst verkopft und hochkarätig unpraktisch, dafür mit hohem humanistischem Anspruch.
Das Problem liegt auf der Hand – wortwörtlich. Unsere Hände sind so dreckig, dass es
für sie sogar eine eigene Seife gibt. Und mit diesen Bazillenfängern wischen wir uns Schlafsand aus den müden Augen, kratzen verkrustete Zahnpastaflecken aus den Mundwinkeln oder ziehen Spinatreste aus Zahnzwischenräumen. Deshalb sind Hände und Gesicht im Rahmen der hygienischen Nächstenliebe No-go-Areas, um Begrüssungen abzuhandeln.
Ganz anders die Füsse. Sie sind meist durch Socken und Schuhwerk von der dreckigen Aussenwelt isoliert. Deshalb empfehlen wir, künftig zur Begrüssung das Gegenüber leicht mit dem Fuss anzustupsen.
Askforce Nr. 1134
8. Juli 2024
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