Da sich die Askforce an 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen die Woche wichtigen Fragen widmet und schon gar keine vertagt, beantworten wir jene von Carla W. aus Basel mit einem müden Lächeln. Sie fragt nämlich: «Kann
man nachts tagen?»
Wer tagt, liebe Carla, kommt in einer gewissen Ernsthaftigkeit zusammen. So tagen die Gerichte, es tagt ein Parlament; auch Nachtwächter und Nachtwandlerinnen können tagen, ebenso Taglöhner und Tagebuchautorinnen. Und es tagen auch Sepp, Balz und Hugo in einem Wirtshaus, wenn sie sich dort versammeln und neueste Rezeptideen austauschen. Denn im eigentlichen Sinne heisst tagen konferieren.
Die Fragestellerin muss also ausser Acht gelassen haben, dass der Tag 24 Stunden hat und somit von der Morgen- bis zur Abenddämmerung dauert – oder von Mitternacht bis Mitternacht. Genau da liegt der Hund begraben: Das Verb, das vom Wort Tag abstammt, tut so, als würde es etwas beschreiben, das nur tagsüber getan werden kann – also dann, wenn es trotz Saharastaub und Gewitterwolken einigermassen hell um uns bestellt ist.
Was man gerne vergisst: Man kann tagen – oder es kann tagen. Beginnt es zu tagen, ist es – zumindest ganz zu Beginn – noch dunkelste Nacht. Dämmert es Ihnen langsam?
Die zu lernende Lektion lautet im Kern: Es gibt Leute, die tagen tags, und andere die tagen nachts, und dann gibt es auch noch Bergleute, die tagsüber oder nachts, aber unter Tag tagen. Oder sie nächtigen tagsüber unter Tag. Aber das Tagen beginnt immer nachts.
Die Askforce ihrerseits tagt Tag und Nacht. Und so tun es auch andere bedeutende Individuen, häufig auch im Geheimen. So haben etwa auch Romeo und Julia auf ihrem Balkon getagt und dies in der Abenddämmerung oder mitten in der Nacht. Gebracht hat es trotzdem nichts. Sie sind beide in Liebe gestorben. Deshalb raten die Expertinnen und Experten der Askforce: Tagen Sie am besten mit klarem Kopf und nicht auf Balkonen. Egal, ob dabei die Sonne scheint oder der Vollmond.
Askforce Nr. 1038,
19. September 2022